Schweden scheint ein Alleinstellungsmerkmal in Europa einzunehmen, wenn wir das staatliche Verhalten zum Coronavirus in Schweden betrachten. Es ist alles deutlich gelassener. Bisher wird die Strategie verfolgt, schnellstmöglich eine Herdenimmunität aufzubauen. Von der Regierung werden kaum Maßnahmen veranlasst. Treffen mit mehr als 500 Menschen sind untersagt und es wird empfohlen, nicht zu reisen. Der tertiäre Bildungssektor und die Oberstufen der Gymnasien sind seit über einer Woche geschlossen. Die meisten Grundschulen (1. bis 9. Klasse) und Kindergärten haben noch geöffnet. Uppsala ist trotzdem wie leergefegt. Fast alle Menschen halten Abstand voneinander und bleiben nach Möglichkeit zu Hause.
Das Newmaninstitut ist nach aktuellem Stand bis zum 30. April geschlossen. Alle Vorlesungen und Seminare wurden digitalisiert. Die meisten Mitarbeiter*innen kommen der Empfehlung nach und arbeiten von zu Hause aus. Einige wenige halten die Stellung und müssen sich morgens ihren Kaffee beim Espresso House holen, da sich auch unsere Kaffeemaschine solidarischer Weise in Quarantäne befindet. Stattdessen wird sich digital getroffen. Die vielen kleinen Flurgespräche und die Fika fallen weg und mir wird bewusst, wie viel Bedeutung diese kleinen sozialen Ablenkungen haben.
Ich befinde mich nach unserem Mentorentreffen in Paderborn seit zwölf Tagen in Quarantäne in meiner schwedischen Landhaus-WG. Mein Büro hat keinen festen Standort. Mein Laptop wandert über den Tag von meinem Zimmer, ins Wohnzimmer, in die Küche und manchmal für ein paar Minuten vor die Haustür in die Sonne. Mittlerweile habe ich mich an die neue Arbeitssituation angepasst und versuche, mich mit Routinen zu strukturieren. Auch ich bin per Mail und telefonisch erreichbar.
In meiner WG ist es ziemlich still. Ein Mitbewohner sitzt in Frankreich fest, der andere ist am Samstag zurück nach Italien geflogen, um dort seine Kolleg*innen im Krankenhaus zu unterstützen. Meine physischen Treffen begrenzen sich aktuell auf unsere drei Hühner und meine eine deutsche Mitbewohnerin.
Was mir besonders hilft, sind meine morgendlichen Spaziergänge durch den Wald und zum See. Sie lassen mich kurz vergessen, welche Herausforderungen uns aktuell aus unseren Komfortzonen ziehen.