Das ist schwer zu sagen, es geschieht viel parallel. Die Maßnahmen zur Distanzierung haben früh begonnen, die Teststellen sind gut verteilt, die Krankenhäuser vorbereitet, soweit das geht.
Lettland ist digitaler geworden, Unterricht und Homeoffice. Alle versuchen, vernünftig zu leben, sich gut zu ernähren, Sport zu machen, Rhythmus zu finden und an die frische Luft zu gehen. Die Straßen Rigas sind sehr leer – auch wegen der ausbleibenden Touristengruppen. Es gibt viele tolle Initiativen, aber es gibt auch jetzt schon viele, die ihre Arbeitsplätze verloren haben, viele haben sehr geringe, oder keine Rücklagen. Man hilft wo man kann, unaufdringlich, unter Freunden und Nachbarn, in der Caritas oder durch Freiwilligengruppen, die sich organisieren. Alle wollen einander schützen, aber es sehen auch alle, dass das Überleben gesichert werden muss. Die Regeln werden eingehalten, aber es gibt kaum Panik. Naja, am Anfang gab es schon Hamsterkäufe, aber das normalisiert sich. Es wird nach vorne geschaut und nach möglichen Lösungen gesucht. Alle wissen, dass es schwierig werden wird, aber auch das wird man irgendwie schaffen. Die Situation ist stabil, aber wir bleiben erstmal bis zum 12. Mai dabei, nur zu zweit rauszugehen und natürlich den Abstand zu halten.
Tja, meine "Einsatzstelle" ist ja streng genommen das Kloster hier. Die Studentinnen sind zu Hause, die Praktikant*innen auch alle. Wir nehmen keine Gruppen auf und halten uns auch in der Gemeinschaft an die 2 Meter Regel. D.h. im Zickzack am Mittagstisch sitzen und in der Kapelle eine neue Sitzordnung. Natürlich trifft uns als Ordensgemeinschaft das Verbot von Messfeiern mit Gläubigen, aber wir sind über Radio und Fernsehen dabei…und wir fühlen uns unglaublich privilegiert, dass wir die Kapelle im Haus haben! - Vieles geht einfach weiter wie bisher.
Einige unserer Angebote haben wir nun online, neue sind hinzugekommen, vieles fällt aber auch weg. Mich persönlich trifft besonders die Situation, dass wir nicht mehr ins Gefängnis können. Diese Menschen leben immer in der Isolation, die jetzt grade für einige von uns so schwer ist. Und ihnen bricht grade alles weg, was sie an Kontaktmöglichkeiten hatten.
Die vielen verschiedenen Einsatzorte, mit denen wir verbunden sind, haben überwiegend mit vielen Menschen zu tun, Tageszentren der unterschiedlichsten Art. Sie sind dicht. Einige haben "Notfallgruppen". Die Stellen, die zum Sektor "Soziale Arbeit" gehören haben natürlich mehr zu tun als bisher, oft mit neuen Herausforderungen, wie etwa Quarantäne für neue Klienten im Krisenzentrum.
"Corona" bringt Entschleunigung und Veränderung. Viele der Unternehmungen, Begegnungen und Projekte, auf die mich gefreut und in die ich viel an Vorbereitungszeit hineingelegt habe, sind jetzt verschoben. Ich habe einige Sachen, die ich schon länger vorhatte, endlich getan oder bin dabei.
Es gibt sehr viel, was ich an diesem "zu Hause sein" genießen kann. Da ist auch viel Dankbarkeit für mein Leben in Gemeinschaft. Viele Sorgen, die ich als Single oder in einer Familie sicherlich hätte, brauche ich mir hier noch eine ganze Weile nicht zu machen. Die Hände sind frei für andere Arbeiten. Aber es ist halt gar nicht alles erlaubt, was ich jetzt wichtig fände… Da ist "Corona" eine echte Herausforderung für mich - Geduld, Kreativität, Vertrauen, Hoffnung. Es gibt es vieles, was wachsen muss.
"Corona" macht mir auch bewusst, wie viele internationale Kontakte ich habe, gerade in der Ordensfamilie. Dort kommunizieren wir etwas öfter als sonst. Das tut gut und lässt die Welt näher kommen. Ich merke natürlich, dass ich weit weg von meiner Familie und einigen Freunden lebe, aber ich bin in der glücklichen Lage, dass sie gut für sich selbst und füreinander sorgen können.
"Corona" macht mich noch dankbarer, für all das Gute in meinem Leben. Und gleichzeitig wird mir schmerzlicher bewusst, wie viele Menschen es schwieriger haben und kreativer darin, ihnen zu helfen. Definitiv bete ich anders als vorher. Ich bin gespannt auf die Zeit "danach" und hoffe, dann wieder mehr "tun" zu können, was auch immer dann dran ist.