
Für gewöhnlich würde ich meinen Blogeintrag mit Erzählungen aus den ersten Wochen in Bergen, dem Kennenlernen der Stadt und Einarbeiten durch die Ehemaligen beginnen. Doch für mich war etwas anderes vorgesehen.
Um einem potenziellen Burnout nach umwerfenden 0 Arbeitsstunden entgegenzuwirken, nahm ich ein Abschiedsgeschenk aus Deutschland mit: Corona. Ich lernte also vorerst nur meine eigenen vier Wände kennen und genoss die Aussicht auf den angrenzenden Park. Ich wohne im Kloster der Norske Korherre am Nygårdspark. Zu Fuß sind es 5 Minuten zu meiner Arbeitsstelle, 10 Minuten zur Innenstadt und nur eine Viertelstunde zum Fuß des nächsten Berges. Bergen macht seinem Namen mit 7 Hausbergen alle Ehre, aber die Stadt ist auch für den Regen bekannt. Knapp 250 Tage im Jahr gibt es Sonnenschein in flüssig, den ich erstmal nur von drinnen genoss. Aber kaum hatte ich meinen unfreiwilligen Urlaub abgesessen, ging es auch für mich richtig los.
Der Arbeitsalltag

Wenn ich nicht gerade damit beschäftigt bin, mein Immunsystem auf die Probe zu stellen, arbeite ich im Gymnasium und montags und mittwochs an der Grundschule. Dort helfe ich in den Klassen 8-10 im Deutschunterricht (die Mittelstufe ist in Norwegen Teil der Grundschule) und am Gymnasium bin ich für die "Oppsammlingsprøve", eine gesammelte Nachschreibklausur, verantwortlich.
Mein bisheriges Highlight der norwegischen Schulerfahrung: eine Lehrerin erlaubte ihren Schüler/innen in der Klausur, alle Hilfsmittel zu benutzen. Ein Schüler nahm sie wohl beim Wort und ich fand mich in einer Diskussion wieder, ob Online-Casino als Konzentrationshilfe genutzt werden darf: "Its called dedication…"
Meine Freizeitgestaltung

"Ein Sprung ins kühle Nass", fasst nicht nur meine alltägliche Bergen-Experience zusammen (siehe Absatz 1), sondern beschreibt auch mein neues Hobby: Das "Dødsen" (Turmspringen). Da Robert und mir die allgemeine Wassermenge in unserem Alltag noch nicht ausgereicht hat (und weil wir ein paar Norweger kennen lernen wollten), verschlug es uns eines Tages ins Schwimmbad.
Vor Ort lernten wir einen Turmspringer Namens Paul kennen und konnten unser Glück kaum fassen, als er uns in eine Whatsapp-Gruppe fürs Turmspringen einlud. Ein Norweger, der sich in ein Gespräch verwickeln lässt, ist schon eine Seltenheit. Aber dann noch Whatsapp, wo sonst nur Facebook verwendet wird? Das war in der Tat zu viel des Guten. Die ernüchternde Antwort: Er ist Schotte.
Jedenfalls mache ich nun 3-mal die Woche zusammen mit Robert das AdO (die Schwimmhalle in Bergen) unsicher. Und wenn 10 Höhenmeter nicht genug sind und ich mich an etwas Größerem versuchen möchte, wandere ich sonst noch gerne, mit einem Regenschirm bewaffnet, auf die Hausberge und bewundere die norwegische Natur. Denn wie es in Norwegen heißt; "ut på tur, aldri sur" (Draußen unterwegs, niemals schlecht gelaunt.)