Man sagt ja, in Norwegen sollte man über die dunkle Jahreszeit viel Vitamin D zu sich nehmen, um fit zu bleiben. Ich hatte mir mein eigenes Ermunterungsprogramm zusammengestellt. Als Stammgast in meinem Osloer Irish Pub habe ich einen interessanten Freundeskreis aus Schotten, Iren und Celtic Fans aus aller Welt gewonnen. Gemeinsam fiebern wir bei jedem Celtic Spiel. Ich gelte als das Orakel aus Germany.
Im Spiel gegen FC St. Johnstone habe ich alle drei Celtic-Torschützen in perfekter Reihenfolge vorausgesagt. Das bringt mir häufig eine Runde Guinness. Gegen "The Rangers" gab es drei Tore für die Celts zu bejubeln, aber am Ende "nur" ein 3:3! Wir bissen fast in die Tischkanten der Biertische. Die ersehnte Meisterschaft scheint für die Celts und meine Freunde im Pub dennoch zum Greifen nah. Gemeinsam haben wir Celtic-Fans selbstverständlich auch den St. Patricks Day mit Parade und Kulturprogramm Bierverkostung bei John, dem Schotten gefeiert. Welch eine warmherzige Lebensfreude im hohen Norden, bei Schneeregen und Kälte! Zu meinem Abschied im Mai waren wir alle nochmal zusammen grillen im Grønlandspark neben dem großen Gefängnis. Danach bejubelten wir den standesgemäßen Sieg der Celts gegen Angstgegner Heart of Midlothian.
Besuch von Isidor
Aber es gibt natürlich nicht nur die "Bhoys and Ghirls" vom Celtic FC. Eine besondere Freude war für mich der Besuch meines großen Bruders Isidor, der sich auf die Reise von Hamburg nach Oslo machte und mir im teuren Norwegen manches schöne Essen ausgegeben hatte. Wir hatten viel Spaß beim Sightseeing und der Beobachtung der Hipster Jugend der Hauptstadt. Höhepunkt war das Fußballländerspiel Norwegen gegen Tschechien, zu dem ich wiederum meinen Bruder als Überraschung ins altehrwürdige Ullevaal-Stadion eingeladen hatte. Stammgast bin ich in vielen Museen geworden, besonders Edvard Munch hat es mir angetan. Mit Isidor war ich schon das vierte Mal vor dem "Schrei".
Die Osterzeit
Die Karwoche und die Ostertage erlebte ich mit meiner Mitpraktikantin Zorah im Ostercamp der katholischen Kinder und Jugend. Wir mussten unaufhörlich für über 50 Leute kochen, das war anstrengend und eine ganz schöne Herausforderung. Um fit zu bleiben, bin ich zwei Mal Eisbaden gegangen. Das war ein Spaß! Alle waren gut drauf. Höhepunkt war die Osternacht. Die Norweger feiern die Liturgie zumeist noch mit Würde und katholischer Ernsthaftigkeit. Ich fühlte mich an eine Tridentinische Messe erinnert.
Besuch in Bergen
Im April war ich dann noch in Bergen, um die Jungs aus dem Bonifatius-Programm zu besuchen.
Als erstes habe ich mir die Altstadt allein angesehen und die Marienkirche entdeckt, die beeindruckende gotische Kirche der zumeist deutschen Hansekaufleute. Als einzige der bedeutenden Kirchen Norwegens überstand sie den Bildersturm der Reformation, weil die Hansekaufleute ihr religiöses Erbe nicht zerstören wollten und im Herzen und Verborgenen noch eine ganze Zeit Katholiken blieben, so sagt man. Wir hatten in Bergen ein paar schöne Tage zusammen, leider war das Stadion vom SK Brann geschlossen.
Sport und Spaß in Stockholm
Mit Robert, meinem Freund in Stockholm, verstehe ich mich besonders gut. Nun war ich erneut in Stockholm zu Besuch. Nachdem wir schon die Mutter aller Eishockeyderbys erlebt hatten, ging es nun zum Fußball. AIK gegen Djurgårdens, das Stockholmderby! Wir waren richtig geflasht, wie voll und stimmungsvoll es im Stadion war. 50.000 Fans kommen sonst nirgendwo in Skandinavien zusammen. Die AIK-Hymne hatten wir vorher geübt und kräftig mitgesungen. Wir hatten uns aber auch wieder ein besonderes Wochenende zusammengestellt, allerhand Kirchen und Museen, wie das Abba-Museum, und den Reichstag besucht. Wie so oft, bei den großen Entfernungen im Norden, sind die Reisen häufig eine Herausforderung. Auf der Rückreise blieb ich zunächst mit Schrecken in Göteborg hängen, konnte zum Glück gerade noch in den letzten Nachtzug nach Oslo umbuchen. Nun kann ich für mich aber sagen, jetzt habe ich auch die zweitgrößte Metropole Schwedens gesehen. Eine schöne klassizistische Altstadt hatte ich erlebt. Für meinen Geschmack wirkten die zahlreichen Gustav Adolf Gedenkstätten nur etwas dick aufgetragen und irgendwie kalt und grimmig. Eine solche Verehrung Wallensteins, Pappenheims oder Tillys kennt man in katholischen Teilen Deutschlands kaum.
Ha det godt, Oslo!
Die Zeit in Oslo neigt sich dem Ende zu. Der letzte Abschnitt im fernen und ländlichen Munkeby steht nun vor der Tür. Ich spüre Wehmut und muss Abschied nehmen. Vieles werde ich sehr vermissen, aber im Herzen mitnehmen. Die Lieder der Celtic Fans kann ich nun alle im Schlaf singen. Morgen feiern meine Patres noch mit mir. Ich muss sagen, mit den Marianisten-Patres Andreas, Erik und Rory hatte ich echt Glück. Sie sind nicht nur gut katholisch, sondern haben auch einen coolen Humor. Strømmen/Oslo war für mich ein ganz wichtiger Abschnitt meines Lebens.
Ha det godt, Oslo! Ta vare, mine venner!