Das Zitat in der Überschrift ist eine Lebenseinstellung, die ich von niemand geringeren als dem stärksten Mädchen der Welt, Pippi Langstrumpf, übernehmen konnte. Mit Astrid Lindgren sind sowohl meine Mama als auch ich aufgewachsen und ich glaube, dass uns das sehr geprägt hat. Als ich meiner Mama von meinen Plänen, mich für ein Praktikum in Schweden zu bewerben, erzählt hatte, teilte sie von der ersten Sekunde an meine Begeisterung dafür. Was genau ich mir von diesem Auslandsaufenthalt versprach, war mir nicht bewusst. Klar war allerdings, dass ich raus musste. Das Leben mal mit anderen Augen sehen, war der Wunsch, der schon einige Jahre so in mir schlummerte, zumal ich nach meinem Abitur im Jahr 2020 nicht ansatzweise die Chance hatte, ins Ausland zu gehen.
Dankbarkeit, Liebe und Mut
Ohne viel darüber nachzudenken, hatte ich mich schließlich beworben und mein Wunschland Schweden zugeteilt bekommen. Gelandet bin ich dann auf der Insel Ekerö, nahe Stockholm. Der Stiftsgården Marielund sollte meine Heimat für insgesamt 7 Monate sein. Wahnsinn! Denn diese Zeit ist jetzt schon wieder vorbei. Mehr als ein halbes Jahr im Ausland zu verbringen, hat einiges in mir verändert. Ich schaue zurück mit Tränen in den Augen und einer großen Portion Dankbarkeit , Liebe und frischem Mut im Herzen. Schweden hat mich verändert, weitergebracht und dafür gibt es so einige Gründe.
Zwei Einsatzstellen
Mein Praktikum teilte sich in zwei Arbeitsstellen auf. Drei Tage die Woche half ich im Gästehaus mit, wo ich auch in einer eigenen Hütte untergekommen war. Durch meine 5-jährige Gastronomie-Erfahrung war ich mit den meisten Aufgaben dort sehr gut vertraut. Besonders erfreut hat mich der immer wiederkehrende Kontakt mit den Gästen, denn so konnte ich einige Menschen jeden Alters und aus unterschiedlichen Kulturen und sozialen Hintergründen kennenlernen. Die Gespräche motivierten mich schnell, von Englisch auf Schwedisch umzusteigen und ich lernte diese Sprache ohne Kurs, einfach durch das direkte Sprechen. Das war eine sehr einzigartige und für mich als Sprachen-Liebhaberin bereichernde Erfahrung.
"Meine Mama in Schweden"
Die Arbeit in Küche und Haushalt brachte mich körperlich das ein oder andere Mal an meine Grenzen. Der von Spaß und Scherzen geprägte Kontakt mit meinen Kolleg *innen hielt mich aber immer bei Laune. Besonders eine Kollegin, die nachher nur noch "meine Mama in Schweden" hieß beeindruckte mich mit ihrer starken und liebevollen Persönlichkeit und half mir des Öfteren aus kleineren Tiefs heraus. Zusammen mit ihr habe ich unter anderem auch das Thronjubiläum des Königs erlebt, was eine unvergessliche Erinnerung für mich bleiben wird. Selbst nannten wir unser Personal von Marielund irgendwann nur noch die "Schweine-Familie", angelehnt an Greta Gris (Peppa Wutz) und ihre Freunde, da wir den verlockenden Snacks und Godis (Süßkram) einfach nicht widerstehen konnten.
Aus "Alena" wurde "Lucia"
Aus Alena wurde aber nicht nur Greta, sondern auch Lucia. Die meisten Mitglieder*innen der katholischen Gemeinde Stockholms haben glaube ich nie meinen eigentlichen Namen erfahren. Denn mein Video als Sankta Lucia der Caritas Sverige ging, wie sagt man so schön,
"viral" auf jeglichen sozialen Plattformen.
"Ein lebendiger Teil der Kirche"
Der Treffpunkt der Caritas, inmitten der Hauptstadt Schwedens, war für mich an mindestens zwei Tagen in der Woche ein wichtiger Ort der Begegnung, der Freundschaft und des Zusammenhaltes. Hier habe ich verstanden, was es heißt, dankbar zu sein dankbar für mein durchaus privilegiertes und quasi sorgenfreies Leben. Oft denke ich an die Menschen und ihre Geschichten dort zurück und ich weiß heute, was es heißt, alles zu verlieren außer die starke Hoffnung und den Willen, irgendwann ein besseres Leben zu führen.
Zuvor hatte ich mich nie so wirklich mit dem Thema Krieg oder Flucht beschäftigt. Was in den
Nachrichten so erzählt wird, können wir hier in Westeuropa doch immer ganz gut ausblenden.
Aus der eigentlichen Aufgabe: "Bereite eine Kaffeepause für die Besucher*innen vor!" wurde
so viel mehr. Nach kurzer Zeit spürte ich, dass ich die Kapazitäten in mir trage, Energie und
Liebe zu verbreiten. Immer mehr Menschen in der Caritas kamen auf mich zu, hatten etwas zu erzählen oder brauchten einfach nur mal ein freundliches Lächeln und die Aufmunterung, dass sie nicht alleine sind. Mit der Caritas habe ich so viel erlebt: alle möglichen Museen oder
andere Kultureinrichtungen habe ich gesehen, wir haben zusammen getanzt, gelacht und
geweint und waren am Ende des Tages einfach eine richtig coole Truppe und ein besonders
lebendiger Teil der Kirche vor Ort.
Erinnerungen an eine prägende Zeit
Ich wünsche mir sehr, dass all die Menschen, denen ich begegnen durfte und deren Leben oft aussichtslos schien, ein kleines Stück meiner Energie und Liebe behalten konnten . Denn so fühlt es sich jetzt an: Ich bin nach Hause gekommen mit einer großen Portion an Erinnerungen und ein Teil von mir ist in Schweden geblieben und lässt im Alltag der Menschen dort hoffentlich auch etwas Licht scheinen, wenn sie sich an die gemeinsame Zeit erinnern, so wie die Kerzen der Lichtbringerin Lucia. Ich bin stolz, dass ich trotz all der Zweifel, die ich hatte, diesen Schritt gewagt habe.
Schön, dass ich es probiert habe! Es wurde sicher gut…