Bis ganz nach oben

Sonnenuntergang auf dem Floyen
Sonnenuntergang auf dem Floyen

Ach, ich weiß doch auch nicht. Wie beginnt man einen Text, der ein ganzes Jahr voller neuer Erfahrungen, Begegnungen und Ereignisse beinhalten soll? Naja, ich beginne einfach mal am Anfang, also mit der Anreise in Bergen. Zusammen mit Mitpraktikant Theo flog ich am 5. August 2022 von Lübeck in meine neue Heimat, Bergen. 

Damit sollte die Zeit in meinem Leben, die wahrscheinlich eine der ereignisreichsten in eben diesem sein wird, beginnen. 

Neue Heimat für ein Jahr

Gruppenbild (Foto: Martina Müller)
Gruppenbild (Foto: Martina Müller)

Empfangen von den alten Praktikanten, sowie Mentor Lukas und Mitpraktikant Raphael, wurde ich direkt im Kloster der Augustinerchorherren willkommen geheißen, in meinem neuen Zuhause für ein ganzes Jahr. Wer jetzt an ein deutsches Kloster mit dicken Steinwänden und endlosen Gängen denkt, liegt aber falsch. Das Kloster ist durchaus ein ganz normales Haus, was direkt am sogenannten Nygårdspark mitten in der Innenstadt liegt.

Ein Neubeginn mit vielfältigen Einsätzen

St. Paul Gymnasium
St. Paul Gymnasium

Nun ging es also los, der Start in das neue Leben, es sollte zwar nur ein Jahr lang gehen, aber durchgängig gearbeitet hatte ich vorher noch nie. Ganz zu schweigen von Selbstständigkeit, die ich bis dahin noch nie in großem Maße an den Tag gelegt hatte. 

 

Direkt am Montag nach unserer Ankunft ging es dann los mit der Arbeit. Unser Hauptarbeitsplatz war das St. Paul Gymnas in Bergen, ein katholisches Gymnasium für die Klassenstufen 11, 12 und 13. Außerdem wurden wir auch direkt der St. Paul Skole vorgestellt, was das Pendant zum Gymnasium nur halt auf Grundschulseite ist. (Grundschule geht in Norwegen von der ersten bis zur 10. Klasse.)

 

Ich hatte auch noch die ein oder andere Aufgabe im Kloster. Dort gab es zum einen die Buchhaltung für mich und ein Mal in drei Wochen war ich dann auch sogenannter "PVD", was so viel wie "Praktikant vom Dienst" heißt. Dieser muss den ganzen Müll der letzten Woche wegbringen. 

Arbeiten am Gymnasium

Ein kleiner Sonnenmoment.
Ein kleiner Sonnenmoment.

Zurück zum Gymnasium, wo es die meisten Aufgaben zu erledigen gab: Am meisten Spaß hatte ich bei meinen Deutschstunden. Ich habe die Deutschschüler der 12. Klasse begleitet und auch ab und zu selbst geführt. Dabei war ich meistens so ein bisschen die Brücke zwischen der Lehrerin und den Schülern, was definitiv Spaß gemacht hat, nicht zuletzt, weil ich mit Einigen aus der Klasse relativ früh im Schuljahr auf Klassenfahrt gefahren bin.

Eine große Reise

Perugia Klassenfahrt
Perugia Klassenfahrt

Die Aufsichten, wenn Lehrer krank waren, haben auch meistens Spaß gemacht, vor allem in der zweiten und dritten  Klasse. Es gab zwar immer wieder Klassen, die mich an den Rand der Verzweiflung gebracht haben, aber die meisten waren dann doch ganz gut. Ansonsten war ich noch für die Sammelklausuren, und in dem Zuge auch für das Abitur, zuständig. Das Pfand wegbringen, darf dabei natürlich auch nicht vergessen werden. Außerdem war da noch die Begleitung bei Klassenfahrten nach Italien (Perugia, Rom) und Deutschland (Attendorn) und deren Abrechnung, Gestaltung des Jahrbuchs und die Unterstützung des Hausmeisters.

 

In der Grundschule hatte ich dann noch die Aufsicht in der Cafeteria, "mat og helse"-Unterricht (Essen und Gesundheit) und Sportunterricht. 

Da waren jetzt immer noch nicht alle Aufgaben dabei, aber man könnte mit den unterschiedlichen Aufgaben wahrscheinlich zwei Seiten füllen. 

Ein ganz neuer Alltag

Spaß muss sein
Spaß muss sein

Mein Alltag war meistens ziemlich einheitlich geregelt. Um 7 Uhr ging es raus aus den Federn, um zu Frühstücken und sich fertig zu machen und dann mehr oder weniger pünktlich 8 Uhr auf der Arbeit anzukommen. Dann gab es erst einmal mit unserem Mentor Lukas das Morgengespräch, in dem die Aufgaben für den Tag geklärt wurden. Dann wurden eben diese in Verbindung mit den festen Terminen, wie dem Deutschunterricht, bis ca. 15 Uhr erledigt.

 

Anschließend sind wir meistens einkaufen gegangen bevor es am Montag die Volleyball-AG, dienstags und donnerstags 3,5 Stunden Sprachkurs und Mittwoch Lehrerfußball gab. Am Freitagnachmittag hatten wir dann keine Aktivität mehr, was dann endlich Zeit für Freizeit gegeben hat. 

Hoch hinaus

Gamle Bergen unsicher machen
Gamle Bergen unsicher machen

Meine Freizeit bestand häufig aus Outdoor-Aktivitäten. Man muss sagen, dass Bergen prädestiniert dafür ist, wandern zu gehen und sich außerhalb seiner vier Wände zu bewegen. Das klingt jetzt auf den ersten Blick natürlich etwas komisch, wenn man bedenkt, dass Bergen die regenreichste Stadt Europas ist und es dementsprechend ziemlich häufig regnet und noch häufiger bewölkt ist, aber trotzdem ist es aus meiner Sicht eine der schönsten Städte, die ich kenne.

 

Gerade weil jeder einzelne der sieben Hausberge einen Besuch wert ist und alles so nah an der Stadt dran ist. In 20 Minuten kann man an nahezu an allen Bergen sein und diese auch bis auf den Ulriken relativ einfach besteigen. Gerade der Fløyen hatte für mich eine nahezu magische Kraft, weil ich auf diesem Berg bestimmt 30-mal innerhalb des Jahres war und sich die Aussicht bei Tag oder bei Nacht wirklich jedes Mal gelohnt hat!

Kein Weg ist zu weit

Trolltunga (Foto: Alex Müller Böhm)
Trolltunga (Foto: Alex Müller Böhm)

In meiner Freizeit konnte ich dann natürlich auch noch andere spektakuläre Erlebnisse erfahren. Eines davon war sicherlich der Besuch auf der Trolltunga, ein Fels, der wie eine Zunge aus einer Bergformation heraussticht. Die Wanderung ist hin und zurück rund 30 Kilometer lang, auf der man die wohl schönste Aussicht haben kann, die man sich vorstellt.

 

"Altpraktikant" Philipp ist dabei sicherlich hervorzuheben, ohne dessen Begleitung das Ganze wahrscheinlich nie so hätte stattfinden können, geschweige denn so lustig gewesen wäre. Es ist allerdings so, dass mein Jahr sehr geprägt war von wunderschönen Ereignissen, sodass ich nicht mal allen eine angemessene Erwähnung geben kann.

Beeindruckende Landschaften

Quer durch Europa

In den Ferien ging es dann meistens auch mal ein bisschen weiter weg. In den Herbstferien waren wir zum Beispiel in einem Ferienhaus am Bjørnafjord, in den Winterferien in Lettland und Estland und in den Weihnachtsferien in Schweden. Die Faröer Inseln und Rom darf ich dabei natürlich auch nicht vergessen. Größtenteils habe ich dann andere Praktikanten aus unserem Projekt besucht. Viele Sachen, wie auch der Nationalfeiertag sind auch bei den anderen beiden Praktikanten und mir in den Blogbeiträgen zu lesen, schaut doch auch gerne dort vorbei. 

Verantwortung übernehmen

Wir drei mit Mentor Lukas
Wir drei mit Mentor Lukas

Dennoch gab es in diesem Jahr nicht nur Ferien und Freizeit, es gab auch Wochen, in denen ich selbst an meine Grenzen gekommen bin, in denen ich schon montags dachte, dass es doch schön wäre, wenn morgen wieder Freitag wäre. 

Das hört sich zwar für die Meisten von euch wahrscheinlich ziemlich normal an, doch eigentlich mochte ich die Arbeit an der Schule und es war nur selten der Fall, dass ich so etwas in der Art gedacht habe.

 

Eine dieser Phasen war die Abiturphase, in der ich für die Vorbereitung und teils auch für die Durchführung des Abiturs zuständig war.  Jeder Fehler, der auf einem der vielen hundert Tischkärtchen oder Sitzpläne vorhanden war, konnte schlimme Konsequenzen haben und Schüler in negativer Art betreffen. Auch die Erasmus-Woche war sicherlich nicht die einfachste. Sie sollte in dem Kontext noch erwähnt werden, weil sie auch eine der Wochen war, in denen ich einfach ziemlich kaputt war. 

Für das Leben lernen

Aus diesen Erlebnissen konnte ich viel mitnehmen, ob es der Umgang mit Stress oder auch der Umgang mit anderen Menschen war. Auch meine Selbstständigkeit hat in diesem Jahr auf jeden Fall zugenommen. Das lag aber nicht nur daran, dass man zu Hause ausgezogen ist, wo die Eltern mehr oder weniger der Terminkalender für das ganze Leben waren; viel mehr wurden wir dazu auch von unserem Mentor Lukas gedrängt, die Aufgaben auf eigene Faust und vor allem mit eigener Zeiteinteilung zu erledigen. Vor allem Gespräche über das Telefon habe ich früher immer gemieden. Das ist mittlerweile eigentlich an der Tagesordnung.

 

Apropos reden: Ich habe natürlich auch Norwegisch gelernt in meinem Jahr. Klar kann ich jetzt keine Politik-Talks mit dem König führen, aber es reicht doch für die ein oder andere Konversation. An der Stelle kann ich dann mal unsere Sekretärin Kristin aus dem Gymnasium erwähnen, die uns auf unserer gesamten "Reise" durch das norwegische Lernen begleitet hat und mir immer neue Wörter und vor allem auch ihren Dialekt beigebracht hat.

Keine Sprachbarriere ist zu hoch

Die drei Heinzelmännchen
Die drei Heinzelmännchen

Naja, genug von mir. Kommen wir mal zu den Begegnungen, die ich in meinem Jahr machen durfte. Fangen wir erst einmal bei den Menschen in der katholischen Kirche Norwegens an. Ich muss sagen, dass ich sehr angenehm überrascht wurde von den Begegnungen, die ich im Laufe meines Jahres mit Menschen im kirchlichen Kontext machen durfte. Ob es nun ein Priester in Oslo, der Bischof in Trondheim oder ein Augustiner Chorherr in Bergen war, alle sind mir mit wahrer Freundlichkeit und Nächstenliebe begegnet. Auch die "normalen" Menschen in Norwegen waren alle sehr nett und hilfsbereit, vor allem wenn man auf der Suche nach Hilfe ist, helfen die Menschen wirklich gerne. Allerdings ist es nicht so einfach, die Menschen an sich besser kennenzulernen und sich mit ihnen anzufreunden. 

 

Bei Begegnungen mit anderen Menschen darf natürlich auch die Kommunikation mit ihnen nicht fehlen. Zunächst muss ich sagen, dass die Kommunikation meistens trotz der Sprachbarriere ganz gut lief. Alle Menschen mit denen ich gesprochen habe, konnten hier nahezu perfektes Englisch. Im direkten Vergleich fühlte es sich für mich fast schon so an, als hätte ich im Englischunterricht geschlafen. 

Zwei Anekdoten

Kirmes am Meer
Kirmes am Meer

Fangen wir mal mit der ersten Situation an. Ich war auf Klassenfahrt in Attendorn. Vier Stunden nachdem ich ankam ging es schon wieder los nach Italien. Nun war es aber so, dass ich bis zu einer halben Stunde vor dem Treffen am Flughafen noch keine einzige Information über die Reise bekommen hatte. Ich wusste, dass ich wohl mit den Schülern in einem Haus wohnen würde, während die Lehrerin in einem Airbnb irgendwo im Nirgendwo wohnte, aber sonst hatte ich keinerlei Information bekommen. Nur eine halbe Stunde vorher fing die Lehrerin an, mich ein bisschen zu informieren was in der Woche passieren würde und was die Schüler für ein Programm erwartete.

 

Die zweite Anekdote betrifft eine Exkursion mit der dritten Klasse. Eine Bekannte der Lehrerin war leider verstorben, weshalb sie auf eine Beerdigung musste. Das Problem war aber leider, dass uns die Lehrerin die falsche Adresse gegeben hatte und wir deswegen die Schüler nicht finden konnten, wir waren ja 1,5 km entfernt. Das Ende vom Lied war, dass wir dreimal während der Beerdigung anrufen mussten und mit eineinhalb Stunden Verspätung dann auch mal am eigentlichen Treffpunkt ankamen.

Bis auf die beiden Ereignisse hat sich meine Erwartung, dass die Kommunikation vielleicht nicht so einfach sein würde, nicht bestätigt. 

 

Wenn wir schon bei Erwartungen sind, muss ich sagen, dass ich eigentlich ohne irgendwelche Erwartungen an die ganze Sache ran gegangen bin und dementsprechend auch nicht enttäuscht werden konnte. Einzig allein an die Stadt Bergen hatte ich ein paar Erwartungen, die natürlich durch ein paar Bilder im Vorfeld gesteuert worden waren. In dieser Hinsicht wurde ich aber eher positiv als negativ überrascht. Mittlerweile habe ich Bergen in mein Herz geschlossen. Das ist auch eine Sache, die ich zu Hause auf jeden Fall wieder vermissen werde!

Schlussworte

Insgesamt kann ich das "Praktikum im Norden" zumindest an meiner Einsatzstelle hier in Bergen auf jeden Fall weiterempfehlen. Hier arbeitet man nicht nur, hier lernt man fürs Leben. Und schlussendlich habe ich mich auch aufgrund meines Praktikums hier dazu entschieden, Lehramt zu studieren. 

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