…eine bunte Zeit mit vielen Hochs und Tiefs, mit Heim- und Fernweh, mit Urlaub und Herausforderungen. Und vor allem denke ich daran, dass ich die Zeit dann doch echt vermissen werde.
Meine Einsatzstellen
Das "Praktikum im Norden" habe ich in Oslo, der Hauptstadt Norwegens, gemacht. Gewohnt habe ich in Sta. Katarinahjemmet, einem Dominikanerinnenkloster in der Innenstadt von Oslo. Dort habe ich auch im Gäst:innenbetrieb geholfen, und sonst wo Hilfe benötigt wurde. Einmal die Woche war ich in der katholischen St. Sunniva Schule und habe im Deutschunterricht und im Wahlpflichtfach "Einsatz für andere" geholfen.
Die dritte Einsatzstelle war in St. Olav, der Domgemeinde im Bistum Oslo. Dort habe ich vor allem gekocht: Bei Firmvorbereitungsabenden, dem karitativen Projekt "Suppe und Freundschaft" und an dem Ostercamp von der Jugendorganisation "NUK" war viel Einsatz gefragt. Einmal durfte ich für ein Erstkommunionwochenende Teamerin sein. Diese Erfahrung hat mich nachhaltig geprägt.
Zeit zum Ankommen
Bis zu dem Gefühl, dass ich angekommen bin, hat es einige Zeit gedauert. Der lange Winter mit sehr kurzen Tagen machte es sehr schwierig, sich wohlzufühlen. In dieser Zeit habe ich sehr oft an Deutschland gedacht. Einerseits habe ich all das, was ich zurückgelassen habe, vermisst. Andererseits habe ich mich daran erinnert, dass es einige Zeit braucht, um woanders anzukommen. Weil der Umzug dann zusätzlich in ein mir vorher unbekanntes Land mit einer fremden Sprache ging, zog sich die Zeit anfangs deutlich. Nach und nach lernte ich die Stadt und die Menschen mehr kennen, machte Urlaub und integrierte mich in einem Sportverein.
An manchen Stellen habe ich den Winter dann doch genossen. So viel Schnee habe ich ewig nicht mehr gesehen. Weil eine große und bekannte Skischanze in Oslo liegt, konnte ich auch das bekannte Skifestival besuchen. Dort habe ich zum ersten Mal Skispringen live, und nicht im Fernsehen, gesehen. Das Interesse für Skisport ist während meines Aufenthalts in Oslo gestiegen – vor allem, weil eine Leistungssportlerin in der Nordischen Kombination im Katarinahjemmet wohnt und sie sehr viel Spannendes von ihrem Training erzählt hat.
Kommunikation
Vor allem am Anfang konnte ich mein Englisch dadurch verbessern, da ich mit den Menschen auf Englisch kommuniziert habe. In Norwegen lernen alle ab der ersten Klasse Englisch, sodass die meisten schon ziemlich schnell sehr gutes Englisch sprechen können. Trotzdem gab es ein paar Menschen in meiner Einsatzstelle, die diese Sprache nicht können. Aber so habe ich am meisten gelernt: Durch Zeigen und Sprechen der Vokabeln habe ich bei meinen Aufgaben im Kloster viele neue Begriffe gelernt.
Am meisten hat mir der Norwegischkurs geholfen, den ich im November und Dezember besucht habe. So habe ich schnell ein Grundgerüst aufbauen können, mit dem es mir dann sehr einfach fiel, darauf aufzubauen. Nach ungefähr fünf Monaten habe ich mich fast ausschließlich auf Norwegisch unterhalten. Darauf bin ich stolz.
Anders als gewohnt
Obwohl Norwegen nicht so weit von Deutschland entfernt ist, konnte ich schnell einige Unterschiede wahrnehmen. Eines der ersten war die hohen Preise für Obst und Gemüse. Weil Norwegen bekannt für lange Winter und eher milde Temperaturen ist, wird sehr viel aus dem Ausland importiert und gerne mal in Plastik eingeschweißt. Helle Tage werden von den Norweger:innen direkt ausgenutzt – auch im Winter finden sich viele Menschen draußen beim Joggen oder Skifahren.
Vor allem am Nationalfeiertag habe ich den großen Nationalstolz der Norweger:innen bemerkt. Die katholische Kirche in Norwegen ist wegen der hohen Migrationszahlen aus katholischen Ländern sehr international und konservativer aufgestellt. Dies ließ mich und meinen Glauben oft auf die Probe stellen.
Die Meinungen und Situationen erst einmal nüchtern so anzunehmen, wie sie sind, hat mich das Praktikum gelehrt. Diese Fähigkeit wird mir in meiner beruflichen Zukunft als Pastorale Mitarbeiterin sehr helfen. Anders heißt nämlich erstmal nicht grundsätzlich schlecht. Es hilft, ins Gespräch zu kommen.
Anders als erwartet
Im Nachhinein kann ich sagen, dass ich unglaublich viel von meinem Praktikum in Norwegen erwartet habe. Ich habe gedacht, dass es eine ausschließlich tolle Zeit wird und mir meine Zukunftspläne, vor allem im beruflichen Kontext, eindeutig werden. Das hat sich nicht bestätigt. Jedoch habe ich gelernt, dass es gar nicht das Ziel eines Auslandsaufenthalts sein sollte.
Ich habe mich besser kennenlernen können, meine Grenzen erkannt, manchmal bin ich über mich hinausgewachsen, manchmal habe ich bewusst eine Grenze setzen können, wo es mir sonst schwerfiel. Ich habe erkannt, was mir wichtig ist und wo ich mich wohlfühle. Dass sich meine Erwartungen nicht erfüllt haben, dafür bin ich im Nachhinein dankbar.
Urlaub kam nicht zu kurz
In meiner Freizeit wollte ich viel Neues sehen und so viele Orte wie möglich bereisen. In der Winterzeit habe ich viele Museen und Cafés in Oslo besucht, ein Wochenendtrip nach Lillehammer gemacht, gemeinsam mit den anderen PiNler:innen Silvester in Stockholm gefeiert und die Praktikanten in Bergen und ein kleines Städtchen neben Oslo besucht.
Im Frühling waren die zwei Reisehighlights Helsinki und Fredrikstad und im Sommer habe ich Mittelnorwegen in Munkeby und Trondheim erkundet und war mit einigen Bewohnerinnen des Klosters in der Hafenstadt Tønsberg.
An meinem letzten freien Wochenende habe ich mir Zeit für mich im ökumenischen Retrettcenter Lia Gård genommen. Das hat sehr gut getan. Zusätzlich zu den vielen Ausflügen konnte ich die norwegische Kultur kennenlernen. Ich feierte mit den Schwestern zusammen Weihnachten und Ostern, aß "Fastelavnsboller" vor der Fastenzeit und Würstchen am Lagerfeuer. Ich feierte mit meiner Schule den Nationalfeiertag, lernte den Sommerhit schlechthin kennen und pulte im Sommer Garnelen. Ich lernte, erst am Ende der Mahlzeit mich für das Essen zu bedanken und hatte im Sommer Badesachen in meinem Rucksack, um mal schnell in den Fjord zu springen und mich abzukühlen.
Takk skal du ha, Norge!
Ja, ich habe tatsächlich viel erlebt und ich habe gelernt, nicht alles erleben zu müssen, weil es auch gar nicht möglich ist. Viele Menschen habe ich sehr ins Herz geschlossen, vor allem die Schwestern, was den Abschied schwer machte. Ich bin unglaublich dankbar für das PIN, für die Menschen die mich begleitet haben und für alle Erlebnisse, sowohl die guten als auch die schlechten. Aus allem habe ich gelernt und bin ein Stück gewachsen. Gern möchte ich für ein Urlaub, einen Besuch oder Exerzitien nach Norwegen zurück. Hoffentlich kann ich bis dahin meine Sprachkenntnisse warmhalten.
Vi ses, Norge. Jeg hadde det veldig bra. Tusen takk for nå!