"Im Abschied ist die Geburt der Erinnerung" - Salvador Dali

Raphael, Theo und Jonas aufm Boot (Foto: Privat)
Raphael, Theo und Jonas auf dem Boot (v.l.). (Foto: Theo)

Kann ich meinen Abschlussbericht mit einem Zitat anfangen? Keine Ahnung, aber wie fängt man denn so etwas an? Etwas, was zusammenfassen und zurückblicken soll auf ein Jahr voller Erlebnisse, Eindrücke und Erfahrungen.

 

Erinnerungen erschaffen, um Ereignisse eine Ewigkeit zu erhalten.

Meine Stelle, die Aufgaben und der Alltag

St. Paul Gymnas (Foto: Theo)
St. Paul Gymnas. (Foto: Theo)

Doch fangen wir ganz am Anfang an. Der Tag der Abreise und ersten Ankunft in Bergen liegt mir noch so klar vor Augen, als wäre es nur ein paar Tage her und trotzdem ist seitdem fast ein Jahr vergangen. Ich durfte mein Jahr in Bergen verbringen. Dort waren meine Einsatzstellen das 'St. Paul Gymnas' und die 'St. Paul Grunnskole'.

 

Im Gymnasium habe ich hauptsächlich unseren Mentor Dom Lukas unterstützt. Täglich fielen viele verschiedene Aufgaben an, die von Aufsichten in Klassen, da ein Lehrer krank war, Vorbereitung von Klassenfahrten, Schüleraustauschen, Gestalten des Jahrbuchs, Unterstützen des Hausmeisters, bis hin zur Aufsicht von Klausuren reichten. 

Jonas und Theo mit dem Hausmeister Paul (Foto Raphael)
Jonas und Theo mit dem Hausmeister Paul (v.l.). (Foto: Raphael)

Vermutlich habe ich auch einige Aufgaben vergessen aufzuzählen, jedoch soll es ja auch nur ein Überblick über die Tätigkeiten sein. An der 'St. Paul Grunnskole' war ich hauptsächlich im Unterricht tätig. Ich begleitete den Deutschunterricht der 8., 9. und 10. Klasse. (Tatsächlich geht die Grundschule bis zur 10. Klasse und das Gymnasium in Norwegen umfasst die 11, 12 und 13 Klassenstufe).

 

Der Deutschunterricht in der Grundschule hat mir immer sehr viel Spaß gemacht, weil ich mit den Schülern in Interaktion war und man am Ende auch immer eine unfassbar große Dankbarkeit von ihnen bekommen hat. Auch durfte ich in einer der Hauswirtschaftsklassen (Klassenstufe 9) helfen. Wenn sie jeden Donnerstag leckere Mahlzeiten gekocht haben stand ich mit kritischem Blick hinter ihnen und half, wenn sie mal wieder die Zwiebeln nicht geschnitten bekamen.

Wagen für die Examensvorbereitung (Foto Theo)
Wagen für die Examensvorbereitung. (Foto: Theo)

Außerdem hatte ich montags und mittwochs die Pausenaufsicht in der Turnhalle der Grundschule und schaute, dass die Schüler sich nicht die Bälle gegen den Kopf warfen. Die Volleyball AG am Montagnachmittag darf natürlich auch nicht fehlen. Darauf freuten sich die Schüler immer sehr und dementsprechend machte es auch uns Praktikanten viel Spaß, Volleyball-Übungen anzuleiten und mit den Schülern dann auch zu spielen.

 

Neben der Arbeit in den Schulen halfen wir auch bei verschiedenen Tätigkeiten im Kloster, in dem wir gemeinsam mit den drei Priestern Dom Alois, Dom Lukas und Dom Gregor lebten. Am Dienstag und Donnerstag besuchten wir nach unserer Arbeit im Gymnasium die Sprachschule, um die norwegische Sprache zu lernen.

Caritas Trondheim (Foto Theo)
Caritas Trondheim (Foto: Theo)

Zusätzlich zu meinen wöchentlichen Aufgaben in den Schulen kam auch noch eine Woche bei der Caritas Trondheim im März dazu. Dort durfte jeder von uns drei Praktikanten für eine Woche die neue Stelle einmal ausprobieren. Bei der Caritas betreuten wir die Rezeption und unterstützten die Mitarbeiter zum Beispiel bei der Essensausgabe für Bedürftige.

 

Ein normaler Arbeitstag in Bergen begann bei uns immer acht Uhr morgens mit einer Besprechung mit unserem Mentor Dom Lukas. Dabei wurden dann die anstehenden Aufgaben erklärt, die nicht wiederkehrend waren, und danach machten wir uns an die Arbeit.

Reichlich was zu erleben

Fußballspiel von Brann Bergen
Fußballspiel von 'Brann Bergen' (Foto: privat)

In meiner Freizeit, nach der Schule, spielte ich immer mittwochs mit den Lehrern und den anderen beiden Praktikanten Fußball. Außerdem war ich ab und zu im Fitnessstudio. Fast jeden Freitag und allgemein an den Wochenenden wurde immer viel gewandert, wenn das Wetter es zugelassen hat. Bergen bietet optimale Voraussetzungen, um ständig wandern zu gehen.

So ging es entweder von zu Hause direkt zu Fuß los, auf einen der Hausberge, oder wir fuhren in das Umland von Bergen, das vom Meer über Seen bis hin zu traumhaften Fjordlandschaften alles zu bieten hat, und wanderten dort.

 

Wir griffen dabei oftmals auf Empfehlungen von Lehrern oder anderen Mitarbeitern der Schulen zurück, wobei es nicht immer so leicht war, die Orte, die uns genannt wurden auf 'Google Maps' zu finden. Daher war dann irgendwann ein direktes Aufschreiben das Mittel der Wahl. 

Verstehen und verstanden werden

Bryggen in Bergen (Foto: Privat)
Bryggen in Bergen (Foto: Theo)

Dennoch muss ich sagen, dass die Kommunikation im Allgemeinen sehr gut funktioniert hat. Natürlich musste ich am Anfang meines Jahres erstmal feststellen, dass etwas mehr mündliche Mitarbeit im Englischunterricht wohl ganz gut gewesen wäre, jedoch kam mein Englisch dann auch recht schnell in Schwung.

 

Es ist wirklich sehr leicht, sich in Norwegen in Englisch auszutauschen, da nahezu jeder dort Englisch sprechen kann, was mich am Anfang auch etwas beeindruckte. Als man dann mit der Zeit immer mehr Norwegisch verstehen konnte, kam dann auch die Erkenntnis, dass Norwegisch nicht gleich Norwegisch ist, denn man spricht unheimlich viele verschiedene Dialekte, die sich auch zum Teil extrem unterscheiden. Mit Hilfe von dem ein oder anderen Lehrer konnten wir dann die ein oder anderen Wörter aus den verschiedenen Dialekten lernen, was teilweise echt lustig war.

 

Dennoch war die meiste Kommunikation unseres Arbeitstages auf Deutsch, da wir drei Praktikanten untereinander Deutsch sprachen und auch unser Mentor Dom Lukas gebürtiger Deutscher ist und daher mit uns immer alles auf Deutsch besprochen hat. Deswegen kam es dort auch nicht zu Problemen aufgrund von sprachlichen Missverständnissen.

Erwartungs(er)voll(g)?

Meine Erwartungen an das PIN wurden mehr als nur übertroffen, da ich mit so gut wie gar keinen Erwartungen ins PIN gegangen bin. Ich wollte eigentlich vorher nur, dass alles mit dem Umzug klappt und ich eine schöne und lehrreiche Zeit habe. Und genau das ist eingetreten. Nein, eigentlich ist noch viel mehr als das eingetreten.

 

Ich konnte unfassbar viele Menschen kennenlernen, konnte das Land Norwegen ein wenig erkunden, konnte viele verschiedene Länder und Kulturen auf den Reisen zu den anderen Praktikanten entdecken und Erfahrungen sammeln, bei denen ich nie gedacht hätte, dass ich solch tolle Erlebnisse haben werde, wie zum Beispiel das erste Mal Weihnachten und Silvester weit weg von zu Hause zu feiern. Das mit den anderen 'Praktis' in Schweden zu erleben, war auch sehr schön.

Begegnung fürs Leben

Erasmusprojekt in der Slowakei (Foto Theo)
Erasmus-Projekt in der Slowakei. (Foto: Theo)

Mir fällt nicht wirklich eine Person ein, mit der mir die Begegnung besonders in Erinnerung geblieben ist. In der Schule oder im Kloster zu Hause war es immer toll, den Menschen zu begegnen. Mir ist eher das Erasmus-Projekt zu dem Thema Begegnung in Erinnerung geblieben, denn ich durfte bei zwei Erasmus-Austauschen dabei sein.

 

Der erste in der Slowakei, wo mein Mentor und ich sechs unserer Schüler begleitet haben. Beim zweiten Projekt war ich in Bergen sehr stark involviert. Was dabei immer so schön war, dass man mit Menschen aus vier verschiedenen Ländern, Kulturen und Lebensumständen zusammenkam. Die Schüler trafen immer als Fremde aufeinander und sind jedes Mal als Freunde wieder gegangen. Es war immer eine Woche voller gemeinsamer Erlebnisse und Erfahrungen, und am Ende ein Abschied, der meistens mit Tränen verbunden war. Begegnung, die bleibt. 

Viel zu viele schöne Erlebnisse

Nordlichter über Bergen (Foto: Privat)
Nordlichter über Bergen. (Foto: Theo)

Die Erasmus-Wochen waren immer sehr beeindruckend, aber noch viel beeindruckender fand ich persönlich das Land Norwegen an sich. Ich bin einfach unglaublich von der Natur dort geflashed worden.

 

Besonders der 13.05.2023 war ein sehr faszinierender Tag, da ich dort Norwegen genau so erleben konnte, wie ich es mir in meinen Träumen immer vorgestellt hatte. Aber diesen Tag habe ich schon ausführlich in meinem letzten Blogeintrag beschrieben, weshalb ich hier über ein anderes Erlebnis schreiben werde, was mich sehr beeindruckt hat. 

Die Insel Mykines (Foto: Privat)
Die Insel Mykines (Foto: Theo)

Mit unserem Mentor Dom Lukas durften wir eine Abschlussreise auf die Färöer-Inseln genießen und dabei ist mir ein Ausflug ganz besonders in Erinnerung geblieben, der mich sehr beeindruckt hat. Wir sind früh am Morgen mit dem Auto auf die Insel Vágar gefahren, wo wir am Hafen von Sørvágur mit noch ca. 20 weiteren Touristen in 2 kleine Speedboats gestiegen sind.

 

Diese brachten uns mit gefühlter Lichtgeschwindigkeit auf eine weiter draußen liegende Insel namens Mykines. Und nicht nur die Insel mit ihren hunderttausenden Puffins und anderen Vögeln war sehr beeindruckend, sondern auch die Fahrt bis zur Insel hat mich absolut abgeholt. Es war perfektes Wetter, die Wassertropfen der Bugwelle spritzen in mein Gesicht und ein leichter Salzgeschmack machte sich auf meiner Zunge breit. Meine Haare flatterten im Fahrtwind hin und her und meine Augen konnten durch eine unfassbare Landschaft schweifen. Links und rechts von uns ragten spitz zulaufende Berge aus dem tiefblauen Ozean und in naher Ferne erhob sich unser Ziel aus dem Wasser. 

Puffin auf Mykines (Foto Theo)
Puffin auf Mykines (Foto: Theo)

Als wir der Insel näherkamen und plötzlich hunderte verschiedene Vögel neben dem Boot ins Wasser schossen oder einfach durch die Gegend flogen, fühlte ich mich, als würden wir geradewegs auf die Insel Berg aus 'Dragons' zusteuern und hunderte kleine Drachen würden uns empfangen. Einfach ein eindrucksvolles Erlebnis.

 

Aber nicht nur dieses Erlebnis war ein Highlight, sondern auch der norwegische Nationalfeiertag, das Weihnachts- und Silvesterfest in Schweden mit den anderen 'Praktis', die verschiedenen Klassenfahrten, unsere Reisen zu den anderen 'Praktis', oder alle Besuche bei uns in Bergen, nur wäre es viel zu viel, über alles zu schreiben.

Nicht alles war so schön und einfach

Meine Reaktion auf den Drucker (Foto Jonas)
Meine Reaktion auf den Drucker (Foto: Jonas)

Zwischen solchen tollen Erlebnissen gab es aber auch immer mal wieder Herausforderungen im Schulalltag zu meistern. Sei es, eine Deutschstunde ohne pädagogische Vorerfahrung auch mal alleine zu schmeißen, zwischen all dem Stress den es ab und zu gab, nicht den Kopf zu verlieren und immer dabei zu sein oder der Kampf gegen den Drucker, weil man etwas beidseitig drucken möchte, aber der Drucker am Ende den Kampf gewinnt und heute halt NICHT beidseitig gedruckt wird!!! 

 

Eine Schwäche für Drucker habe ich so nicht entwickelt, konnte dennoch feststellen, dass ich mir bei banalen Sachen oftmals viel zu viele Gedanken machte und mich komplett fertig machte, obwohl es absolut nicht dramatisch wurde. Auch bin ich oft nicht so energiereich gewesen und Motivation war manchmal auch eher so mittel, aber dafür gab es dann doch immer mal sehr gute Momente des eigenen Durchhaltevermögens und die anderen Beiden motivierten dann einfach.

 

Außerdem konnte ich feststellen, dass ich relativ gut darin bin, Dinge zu organisieren und zu planen und mir dies sogar etwas Spaß gemacht hat. Was zu meiner Überraschung eine neue Stärke von mir wurde, als ich ein paar Wochen in Norwegen war, ist, dass ich es schaffe, relativ gut Ordnung zu halten und nicht in Unordnung versinke. 

Kirche vor Ort

Norwegische Stabkirche (Foto: Theo)
Norwegische Stabkirche (Foto: Theo)

Ich hatte nicht so viele Berührungspunkte mit der Kirche in Norwegen, doch immer, wenn ich mit ihr in Kontakt gekommen bin, fühlte ich sie als einen Ort der Zusammenkunft und der Gemeinschaft, wo jeder willkommen ist, aber es auch noch ein paar Extreme gibt, die man so aus Deutschland nicht gewöhnt ist. Viele Menschen in der Kirche kommen gar nicht gebürtig aus Norwegen und bringen oftmals einen strengeren katholischen Glauben mit, als ich ihn in Deutschland kennengelernt hatte. 

Das Bonifatiuswerk habe ich als Unterstützer gesehen, ob es in der Schule war oder woanders. Während des PINs konnte ich viel lernen und erleben, aber in meiner beruflichen Entscheidung hat es mich nicht weitergebracht, denn dies war auch nie das Ziel, das ich mit dem Praktikum verfolgt habe.

Sonnenuntergänge

Ha det bra norge ☹

Am meisten vermissen werde ich vermutlich die wunderschöne Natur Norwegens, die Möglichkeit, nach der Arbeit von zu Hause aus in kürzester Zeit irgendwohin zu wandern und dann dort eine unfassbare Aussicht zu haben und für sich zu sein und somit dem Alltag schnell zu entfliehen. Aber am meisten werde ich diesen Punkt in Verbindung mit den langen Tagen vermissen, denn da konnte man, egal wie spät es war einfach raus gehen und genießen. Es war noch hell genug, um alles zu sehen und einfach abzuschalten.

Wasserfall (Foto Theo)
Wasserfall (Foto: Theo)

Mit allen Erfahrungen und Erlebnissen, die ich gemacht habe, sei es positiv oder negativ, hat sich das Jahr absolut gelohnt und ich kann es jedem nur weiterempfehlen, der nach dem Abi oder auch so Lust hat, für ein Jahr mal etwas komplett Neues zu erleben.

 

Denn alles was ich sehen und erleben durfte, all die Menschen, die ich kennenlernen durfte, all die Orte, die ich besuchen konnte, all die Möglichkeiten, die durch das PIN entstanden sind und vor allem das Kennenlernen der wunderschönsten Stadt der Welt, werde ich sehr vermissen. 

 

Und so ist alles, was vom Abschied bleibt, die Erinnerung daran.

 

Theo

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