"Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern wir suchen die zukünftige." So heißt es im Hebräerbrief (Hebr 13,14). Auch wenn sich dieser Vers vor allem auf das Gegenüber von Welt und Ewigkeit bezieht, passt er doch vielleicht auch ein Stück weit zu meiner aktuellen Situation. Nach sechs Monaten bei den Dominikanern in Oslo, steht die Weiterreise zu den Trappisten in Munkeby (bei Levanger) an, bei denen ich die verbleibenden drei Monate meines Praktikums verbringen darf. Daher ist es an der Zeit, Abschied zu nehmen, einen dankbaren Blick zurückzuwerfen und aufzubrechen.
Kunst, Kultur und vieles mehr
In den vergangen sechs Monaten durfte ich eine Menge über die Stadt Oslo, ihre Bewohner:innen (auch mich selbst) und die norwegische Kultur lernen. Exemplarisch seien hier einige prägende Eindrücke festgehalten.
Insbesondere während des langen, dunklen und nassen Winters boten die Osloer Museen eine tolle Möglichkeit, die Freizeit sinnvoll zu nutzen und die norwegische Kultur und Mentalität besser verstehen zu können. Die Bandbreite ist groß und so unterschiedlich die einzelnen Ausstellungen waren, so informativ und interessant waren sie alle. Allen voran sei hier das im vergangenen Sommer neu eröffnete "Nasjonalmuseum" mit seiner beeindruckenden Kunstsammlung genannt.
Aber auch das "Frammuseum" mit seiner Ausstellung über die Geschichte der Polarforschung, das "Norsk Maritimt Museum" mit seiner umfangreichen Sammlung historischer Schiffe oder das "Norsk Folkemuseum" mit der beeindruckenden Stabkirche waren ihren Eintritt allemal wert.
Winter, Eisbaden, Sauna
Darauf, dass der Winter im Norden länger und härter werden würde, war ich im Vorfeld gefasst. Auf der "Habenseite" steht dabei auf jeden Fall die schiere Masse an Schnee, der sogar in der Stadt lange liegen blieb. Negativer sah es schon mit dem Tageslicht aus bzw. dem Fehlen desselben. Aber die Orientierung an den Einheimischen hat geholfen:
Einfach direkt nach dem Mittag einen Spaziergang machen, bevor es dunkel wird. Ein weiterer Effekt des norwegischen Winters ist die lange, niedrigbleibende Wassertemperatur – was normalerweise ein Ausschlusskriterium für das Schwimmen ist, ermöglichte aber zwei Highlights, die ich erleben konnte.
Zum einen war ich mit dem Sportunterricht der St. Sunniva skole zum Eisbaden und zum anderen privat in einer der schwimmenden Saunen im Oslofjord (inklusive Erfrischung in dem selbigen).
Reisen und Entdeckungen
Neben den Museen gab es auch andere interessante Orte, in und um Oslo zu erkunden. Beispielhaft seien hier der Weihnachtsmarkt auf dem Gelände der früheren Eisengießerei "Bærums Verk" und der Ausflug zum "Kolsåstoppen", einer Felsformation mit atemberaubender Aussicht.
Aber nicht nur in Oslo selbst gab es die Möglichkeit neue Dinge und Orte zu entdecken, sondern auch darüber hinaus. So standen neben einem Besuch bei den Praktikanten in Bergen, Ausflüge nach Lillehammer, Stockholm, Skien, Fredrikstad, Helsinki und Turku auf dem Programm. Alles in allem Reisen, die den Horizont erweitert haben und auf ihre je eigene Weise eine erholsame Unterbrechung des Alltags darstellten.
Påskeleir, Karwoche und Ostern
Die katholische Jugendarbeit in Norwegen findet überwiegend in der Trägerschaft der "Norges Unge Katolikker (NUK)" statt, die etwa vergleichbar mit dem BDKJ in Deutschland ist.
Charleen und ich wurden gebeten, uns in einem der traditionellen Osterlager um die Küche zu kümmern. So herausfordernd es auch war, für mehr als sechzig Personen zu kochen, war es doch eine sehr bereichernde Erfahrung.
Den Abschluss meiner Osloer Zeit bildeten dann aber schließlich die Kar- und Ostertage mit den Dominikanern, die ich noch einmal als sehr intensiv und bereichernd erlebt habe.
Zwischenbilanz ziehen
Das Fazit der ersten sechs Monate: Die Zeit in Oslo ging schneller vorbei, als ich es jemals vermutet hätte. Die Dominikaner sind mir währenddessen mit ihrer offenen und freundlichen Art sehr ans Herz gewachsen. Ich konnte neue Dinge wie Eisbaden, Skilanglaufen und Schneefräsefahren ausprobieren.
Mir ist nochmal bewusster geworden, wie dankbar ich dem deutschen Synodalen Weg für seine Reformanliegen bin, die in Norwegen leider häufig als "Ende der Welt" aufgefasst werden. Ich durfte in Oslo zumindest einmal Nordlichter sehen, die zwar schwächer als erwartet, aber dafür wirklich beeindruckend waren. So viele Orte ich auch entdecken konnte, so viele Orte stehen trotzdem noch auf der To-do-Liste. Eine Erkenntnis ist aber, dass das so sein darf – dass es in Ordnung ist, nicht alle Möglichkeiten zum Reisen anzunehmen, sondern sich auch Ziele für später aufzuheben.
Auf zu neuen Ufern - nächste Station: Munkeby
Eine andere Erkenntnis ist aber ebenso, dass auch in anderen Ländern und anderen Orten nicht alles perfekt ist. Das hat mir noch einmal verdeutlicht, für welche Aspekte ich in Deutschland dankbar sein kann. Nun ist es aber an der Zeit, zu neuen Ufern aufzubrechen und neue Erfahrungen zu machen – die erste wird die neunstündige Zugfahrt nach Levanger sein.