Die Vorweihnachtszeit in Island war schneereich, dunkel und sehr, sehr schön. Ab dem ersten Advent, am letzten Novemberwochenende haben wir, Schwester Selestina und ich, angefangen Weihnachtskekse zu backen. Unmengen an Vanillekipferl und Engelsaugen mussten mit Marmelade befüllt und mit Puderzucker bestreut werden. Und das jede Woche aufs Neue. Einen kleinen Schockmoment hatte ich dann, als die Schwestern mir erklärt haben, dass wir die Kekse erst am Weihnachtstag essen und fast alle davor verschenkt werden.
Kekse für alle
Trotzdem hab ich mir das ein oder andere Mal ein Bretle (Keks) aus der Dose stibitzt. Kritisch wurde es dann, als wir eine Woche vor Weihnachten bemerkt hatten, dass noch 15 Teller verschenkt werden müssen und wir dann keine Bretle mehr für uns da waren. Dann wurden in einer Tagesaktion nochmal jeweils fünf Bleche gebacken. Meine deutschen Mandel- und Kokosmakronen und natürlich Zimtsterne durften auch nicht fehlen.
Jólaball
Am 12. Dezember haben wir den Jólaball der Kinderkrippe gefeiert. Schon Wochen davor haben wir mit den Kleinen einstudiert, wie sie das Christkind in die Krippe legen. Vor den Eltern haben wir das gemeinsam aufgeführt und die Kinder waren ganz stolz, während sie Rosen zu Jesus gebracht haben. Nach einem leckeren Buffet haben alle Leute nach isländischer Tradition um den Weihnachtsbaum getanzt. Wirklich jeder hier kennt das Lied "Göngum Við í Kringum" und die dazugehörigen Tanzschritte. Die Eltern haben sich über die selbst gemachten Geschenke gefreut und die Kinder waren am Ende ganz müde vom vielen Spielen.
Internationales Weihachten
Durch meine Arbeit in der Kirche habe ich viele Leute aus den verschiedensten Ländern kennengelernt. Eine Woche vor Weihnachten hat uns die philippinische Gemeinschaft aus Akureyri zu ihrer Weihnachtsfeier eingeladen. Es ist wirklich eine komplett andere Kultur, denn anders als wir, feiern die Philippiner schon den ganzen Advent lang die Vorfreude auf Weihachten. Nix mit Stille, Besinnung und Warten.
Als ich mit den Schwestern und Pfarrer Jürgen den Saal der Feier betreten hab, kamen uns laute philippinische Weihnachtslieder, tanzende Frauen und Kinder in grünen Kleidern und ein riesiges Essensbuffet entgegen. Das Highlight der Feier war die Krönung der "Emerald Queen 2022", die durch Pfarrer Jürgen vollzogen wurde. Man hat gesungen, getanzt und war den ganzen Abend lang fröhlich beisammen.
"Niemand soll an Weihnachten alleine sein"
Am zweiten Weihnachtsfeiertag wurden wir von einer ukrainischen Familie, die erst seit einem Monat hier in der Gemeinde ist, zum Kaffee eingeladen. Es gab traditionelle, ukrainische Weihnachtsgerichte und sie haben viel von ihrem Leben in der Ukraine erzählt. Da sie noch kein Isländisch können, haben wir uns mit einem Mix aus Englisch und Google-Übersetzer unterhalten. Es war sehr interessant und auch traurig, was sie zu erzählen hatten und das an Weihnachten. Wir sind froh, dass sie hier in unserer Gemeinde sind und mit uns zusammen feiern, denn niemand sollte an Weihachten alleine sein.
So war mein Weihnachten 2022 zwar anders als ich mir es persönlich vorgestellt habe aber trotzdem schön. Und wer hat sich nicht schon einmal weiße Weihnachten in Island vorgestellt?