"Wenn einer eine Reise tut so kann er was erzählen". Wie recht Matthias Claudius mit seinem Gedicht doch hat! Statt den kurzen Weg mit dem Flugzeug zu wählen, wurde die Anreise nach Oslo schon zum Abenteuer: zehn Stunden Fahrt mit fünf verschiedenen Zügen bei vier Umstiegen. Das allein bietet schon viel Stoff zum Erzählen, aber damit nicht genug: Die letzte Etappe war schließlich die zehnstündige Überfahrt mit der Fähre vom dänischen Frederikshavn ins norwegische Oslo. Am Morgen dann den Sonnenaufgang auf dem Oberdeck der Fähre erleben – einfach traumhaft. Mit einem Kaffee in der Hand, die Morgensonne im Gesicht und den eisigen Wind im Rücken. Das machte schon mal Lust auf mehr.
Unerwartete Frucht in Norwegen
Mein Mentor hatte in einer E-Mail schon angekündigt, dass der ganze Stolz seines Klostergartens ein Feigenbaum sei. Für mich nur schwer zu glauben: Ein Feigenbaum in Norwegen? Also dass er auch in unwirklichen Gegenden wachsen kann, okay, aber Früchte tragen? Ich sollte eines Besseren belehrt werden. Am Abend meines zweiten Tages, stand plötzlich ein Becher mit zwei Feigen vor meiner Zimmertür. Der Geschmackstest zeigt: Feigen können tatsächlich aus Norwegen kommen und ziemlich lecker sein.
Die Launen des Wetters
So schön sich das Wetter bei dem Einlaufen in den Osloer Hafen zeigte, so schnell zeigte sich der Umstand, dass Sonnenschein im Oktober nicht die Regel ist. Die Stadterkundung mit meinem Mentor startete bei strahlend grauem Himmel und verwandelte sich innerhalb einer Stunde in Nieselregen mit mal kleineren und mal größeren Tropfen.
Realität oder Reisekatalog
Aber es gab so viel zu entdecken: die Aussicht von der Seemannsschule über die Stadt, die Ruinen des historischen Dominikanerklosters, das Munch-Museum, das neue Opernhaus und, mein persönliches Highlight, die Deichmanske bibliotek, mit ihrem 2020 eröffneten Neubau. Insgesamt gibt es aber noch eine Menge zu entdecken, und so sind die bisherigen Ausflüge zur berühmten Skisprungschanze Holmenkollbakken, auf die Halbinsel Bygdøy oder zum Sognsvann-See nur der Anfang. Allen Orten gemeinsam ist hierbei die wunderschöne Natur und das Gefühl direkt in die Bilder eines Reisekatalogs eingetaucht zu sein.
Erste Freundschaften geschlossen
Das Fazit der ersten Wochen: Ich bin sehr freundlich in meiner Praktikumsstelle willkommen geheißen worden, habe einen Einblick in verschiedene Formen des katholischen Lebens in Norwegen bekommen, durfte einen traumhaften Sonnenuntergang auf dem Dach des Opernhauses erleben, die ehrliche Freude der Norweger:innen, wenn man versucht Norwegisch zu sprechen und bereits erste neue Freundschaften knüpfen.