Mein Flug von Akureyri nach Reykjavík wurde immer weiter nach hinten verschoben. Sr. Selestína lacht: "They don’t want you to leave!" Und ich muss sagen: Ich wollte selbst nicht gehen. Es fiel mir schwer, "meinem" Tal, den Kindern, den Schwestern – Island – Lebewohl zu sagen. Als ich ein letztes Mal die Kinder umarme, kann ich Tolkien nur zustimmen: "Not all tears are an evil."
Während ich am Anfang bei der Arbeit mit den Kindern in der Kinderkrippe der Karmelitinnen in Akureyri noch etwas unsicher war, kann ich rückblickend sagen, dass ich immer besser lernte, was die Kinder brauchen. Auch wenn der Lautstärkepegel mal sehr anstieg und einige Streitereien zu schlichten waren, gab es auch viel zu lachen.
Die Arbeit in der Kinderkrippe
Besonders in den letzten Wochen, wo die Kinder immer mehr Wörter lernten. Da wurde auch mal nach Nachtisch verlangt: "Má ég fá ís?" (dt.: Kann ich Eis haben?). Neben dem normalen Alltag in der Kinderkrippe habe ich auch in der Küche geholfen. Hier konnte ich viel von den Schwestern lernen, sodass es wirklich eine Win-Win-Situation war. Neben typisch isländischen Rezepten habe ich mir auch portugiesische und brasilianische notiert. Das wöchentliche Putzen in der Kirche habe ich als – im Vergleich zur Krippe – "ruhige" Zeit geschätzt. Die Kommunikation funktionierte in der Regel gut – "if one could only know what the other is thinking" – da stimme ich Sr. Marcelina augenzwinkernd zu.
Meine Freizeitgestaltung
In meiner Freizeit habe ich viel mit einer Freundin aus Paris, Jordane, die in Akureyri studierte, unternommen: Wettreiten auf Islandpferden, Schwimmen, Schlittenfahren oder einfach nur quatschen in den Cafés oder in der Bibliothek. Alle zwei Wochen sind wir zum Strickclub gegangen, wo ich feststellen durfte, dass ich zwei linke Hände habe, aber dafür haben wir hier viele Einheimische kennengelernt.
Übertroffene Erwartungen
Wenn ich überlege, wie ich mir vor einem Jahr das PiN vorgestellt habe, wurden meine Erwartungen letztlich übertroffen. Ich kann Akureyri meine zweite Heimat nennen und hoffe, in Zukunft bei den Schwestern nochmal "nach Hause" kommen zu können. Ich hätte außerdem nicht gedacht, dass ich in der Gemeinde so lieb aufgenommen werde. "But you will come back?", hieß es dann – mehr Aussage als Frage – von den philippinischen Frauen, denn die meisten von ihnen verbringen den Sommer in ihrer ursprünglichen Heimat. "Not so soon", war meine Antwort, aber wahrhaben wollte ich es nicht. Gerade an die Feste, Ostern und Weihnachten, erinnere ich mich gern. Ohne die gewohnten Traditionen von Zuhause habe ich die Begegnungen mit den Menschen in Akureyri viel tiefer empfunden.
Besondere Erlebnisse in Akureyri
Besondere Erlebnisse gab es viele, denn während meiner Zeit in Island sind viele meiner Träume erfüllt worden. In einem warmen Fluss schwimmen. Am Strand reiten. Nordlichter sehen. Wale beobachten. Die endlose Weite eines Gletschers erleben. Den Sonnenuntergang in einem Infinity Pool beobachten. Vierundzwanzig Stunden Helligkeit erleben (und nicht schlafen können). Meine Lieblingswasserfälle, den Svartifoss und den Skógafoss, in real life sehen. Ich könnte noch weiter schreiben… vielleicht reicht an dieser Stelle, dass ich einfach unglaublich dankbar bin für die Menschen, die mir diese Erfahrung ermöglicht haben.
Der Winter in Island
Eine Herausforderung war der lange Winter. Die ersten Schneeflocken fielen im Oktober und noch Anfang Mai hat es hin und wieder geschneit. Auch die Dunkelheit war ein Erlebnis, die aber glücklicherweise durch die zahlreichen Nordlichter zumindest ein bisschen erhellt wurde. Zudem bekam ich im Januar und Februar Besuch von Freundinnen aus Deutschland, sodass wir dem Winter gemeinsam die Stirn bieten konnten.
Die katholische Kirche in Island
Neben der katholischen Kirche in Akureyri hatte ich auch die Möglichkeit, die Gemeinden in Dalvík, Blönduós, Reykjavík, Hafnarfjörður, Stykkishólmur und Sauðárkrókur kennenzulernen. Beeindruckt stellte ich fest, wie viel das Bonifatiuswerk der Kirche in Island schon helfen konnte. Das Praktikum im Norden kann ich sehr empfehlen, auch wenn es für mich keine neue Erfahrung war "von zu Hause wegzugehen", so habe ich doch die katholische Kirche und meinen Glauben aus einer neuen Perspektive kennenlernen dürfen.
Am meisten vermissen werde ich die Menschen in Island, aber auch die beeindruckende Natur, die mich immer wieder neu ehrfürchtig staunen ließ. Ich kann einem Priester aus Brasilien nur Recht geben: "God has stopped here."