Mit dem Verlieben ist es so eine Sache: kann sehr schön sein, endet aber meistens tragisch. Und meistens hätte man es von Anfang an besser wissen können. Der französische Schriftsteller Honoré de Balzac sagte einmal: "Verliebtsein ist nur ein außerordentlicher Fall von freiwilliger Blindheit", und Nietzsche stimmt ihm zu: "Mitunter reicht schon eine stärkere Brille, um den Verliebten zu heilen."
Ich finde, sie haben recht. Und trotzdem gehöre ich zu den Menschen, die eine stärkere Brille brauchen – und das vollkommen freiwillig. Es gibt so Vieles, das ich an meinem Praktikumsland mag. Den Sonnenuntergang über Riga, Spaziergänge an der Daugava im Sonnenuntergang… aber eben auch bezahlbare Zugtickets, unglaublich viel Tee, und Kuchen! Nennt mir einen Praktikanten, der sich nicht direkt in Riga verliebt.
Abenteuer brauchen Spontanität
Allerdings denke ich auch, dass eine rosarote Brille im Praktikum im Norden nicht unbedingt schadet. Vor allem, wenn man wie ich, von Montag bis Freitag arbeitet, und sich abends maximal einen Film ansieht, während die Kollegen schon ihren dritten Ausflug in diesem Monat planen. Manchmal tut es ganz gut, sich von der romantischen Vorstellung mitreißen zu lassen und etwas zu unternehmen – auch wenn man nicht selten am Ende enttäuscht wird. Meist ist es die Mühe doch wert, wenn auch nicht auf die Art, die man zuerst erwartet.
Zum Beispiel steigt kein Mensch, der noch ganz bei Verstand ist, nach einem anstrengenden Arbeitstag spontan in den Zug und tauscht einen ruhigen Fernsehabend gegen eine Nacht auf der Küchenbank, die er sich auch noch mit der Katze teilen muss. Vor allem nicht für einen Taizé-Abend in Jelgava, bei dem er kein Wort versteht. Aber ich, berauscht von all den Möglichkeiten, will davon nichts hören, und wie schon Aristoteles wusste: "Auch das Denken schadet bisweilen der Gesundheit." Und außerdem flüstert die nervige Stimme in meinem Hinterkopf was von Abenteuer, also lasse ich das Denken sein und kaufe mir ein Ticket.
Was soll ich sagen? Schon um am nächsten Morgen pünktlich zum Frühstück zurück ins Haus zu schleichen, hat es sich gelohnt.
So ähnlich verhielt es sich mit dem Abend, an dem ich extra für den Sonnenuntergang aus dem Haus gegangen bin, und all den Nachmittagen, an denen ich in einen anderen Bus gestiegen bin und stundenlang unterwegs war. Der Sinn dieser Ausflüge hält sich in Grenzen, aber ich hatte Spaß dabei, und das ist doch die Hauptsache.
Die Zeit nutzen
Deshalb möchte ich allen zukünftigen Praktikanten raten: Wenn ihr merkt, dass ihr euch verliebt – in wen oder was auch immer – lasst es einfach zu. Und wenn ihr kurz davor seid, zu merken, dass eure Idee doch nicht so genial ist, zieht es trotzdem durch. Klar, das Praktikum dauert nur ein paar Monate. Aber es macht mehr Spaß, wenn man so tut, als wäre kein Ende in Sicht. Lauft durch die Straßen und überlegt euch, wo ihr gern wohnen möchtet. Von mir aus werdet abhängig von Laima-Schokolade. Riga werdet ihr sowieso vermissen, warum also auf die Schokolade verzichten, solange ihr hier seid?
Es muss nicht alles einen Sinn haben. Meistens reicht es schon, wenn ihr später einen Blogbeitrag darüber schreiben könnt.