"Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen". Das ist ein berühmtes Zitat des österreichischen Sprachphilosophen Ludwig Wittgenstein. Mit diesen Worten trifft er genau ins Herz des Dilemmas, das viele – vielleicht alle – Menschen mit der Stille haben: Einerseits macht es buchstäblich keinen Sinn, zu versuchen, etwas mit Sprache zu erfassen, dass sich gerade dadurch auszeichnet, dass es kein Sprechen ist. Andererseits beginnt mit dem Aufhören zu sprechen, mit dem Schweigen, etwas, bahnt sich an, das wir in der abendländischen Tradition "Denken" nennen. Wittgenstein trifft den sweet spot zwischen Skepsis und Faszination am Schweigen; das macht dieses Zitat so spannend. Nur eine Sache meinte Wittgenstein ganz sicher nicht: dass es übers Schweigen nichts zu reden gäbe.
Schweigen in Berget
Über Berget zu erzählen, heißt genau das, übers Schweigen zu erzählen: Hierher kommen Menschen, die sich eine Auszeit nehmen wollen, oder die aus den unterschiedlichsten Gründen der Stille etwas abgewinnen können. Manche genießen schlichtweg die Ruhe. Manche können die Stille nutzen, um ihre Gedanken zu klären und für manche ist die Stille ein spirituelles Erlebnis.
Persönlicher Bezug zum Schweigen
Für mich persönlich allerdings liegt im Schweigen nichts Mystisches: Ich bekomme keine tiefe Einsicht in die Zusammenhänge der Welt. Nichts verändert sich wesentlich, wenn ich schweige. Was sich verändert, ist, dass man das, was man macht, ohne Worte macht.
Pater Peder sagt den frisch angekommenen Retreatgästen manchmal, dass man "durch das Schweigen anfängt, die Wirklichkeit zu hören." Verklighet. Das finde ich spannend: Ich höre das Rascheln der Bäume, das metallisch federnde Klicken der Leselampe, das Knuspern eines Kekses. Ich höre auch, wie ich atme, oder wie ich dröhnend einen Stuhl verrücke oder wie am Fuße des Hügels die Straße tost. Das alles ist Wirklichkeit und vielleicht möchte Pater Peder den Gästen auch gar nicht mehr damit sagen. Ich zumindest finde, wenn ich abends im knisternden brasrummet (Kaminzimmer) sitze und einen Keks (mit Butter, Käse und sylt) knuspere, dass das reicht.
Ich werde nicht lügen: Ich bin nicht restlos von der Stille überzeugt. Zu oft gibt es dafür vielleicht Momente, in denen man sprechen muss und nicht schweigen darf. Aber dennoch: Wenn ich mal wieder beim Aufstehen vom Essenstisch krachend mit dem Kopf an eine Lampe knalle, oder auf den Gängen des St:Davidsgarden mit den Menschen verschmitzte Blicke austausche, ihnen mit den Augen hallo sage, dann bemerke ich, dass in der Stille etwas unbändiges ist: Und manchmal ist es unbändige Freude.