Es kommt mir vor, als sei es gestern gewesen, wenn ich an den Tag zurückdenke, an dem ich nach Bergen aufbrach und dort mein Praktikum im Norden begann. Doch die Zeit vergeht schnell, und tatsächlich ist seitdem ein ganzes Jahr vergangen. Ein Jahr, in dem viel passiert
ist, und in dem ich eine Menge neuer Erfahrungen gesammelt habe. Im folgenden Blogbeitrag möchte ich nochmal auf die wichtigsten Momente und Erlebnisse meines Jahres zurückblicken und diese mit euch teilen. Viel Spaß!
Erste Schritte in einem neuen Land
Als ich im August 2020 in Bergen landete, wurde ich am Flughafen direkt von meinem Mentor Pater Lukas und meinen beiden Kollegen Tim und Paul in Empfang genommen. Die Stimmung war gut, und das Wetter war in den ersten Tagen fantastisch. Beste Voraussetzungen also, um meine neue Heimat ein wenig kennenzulernen! Am Anfang war
für mich alles aufregend: Bergen war für meine Begriffe eine ziemlich große Stadt, in der es viel zu entdecken gab. Noch dazu machte ich täglich neue Erfahrungen mit der norwegischen Sprache, worauf ich mich ganz besonders gefreut hatte. Zum Glück waren in den ersten Tagen auch die ehemaligen Praktikanten Lasse und Thomas da, die uns „Neuen“ ein wenig in der Eingewöhnungsphase unterstützen konnten. Sie begleiteten uns vor allem bei unserer Arbeit am St. Paul Gymnas, unserer Haupteinsatzstelle, und zeigten uns dort die wichtigsten Arbeitsabläufe.
Der Alltag in der Einsatzstelle
Bald darauf wich die anfängliche Begeisterung jedoch dem Alltag, was sicher auch gut war: Die ersten Tage waren doch relativ anstrengend gewesen, und es tat gut, sich ein wenig eingelebt zu haben und die täglichen Abläufe zu kennen. Unsere erste große Aufgabe, die im Herbst unseren Arbeitsalltag dominierte, war das Erstellen des Jahrbuchs. Vor allem das damit verbundene Fotoshooting, bei dem wir Portraitfotos von allen Schülerinnen und Schülern machen mussten, war eine Herausforderung, die wir aber gut gemeistert haben. Auch im weiteren Verlauf des Jahres stellte ich mich den alltäglichen Arbeitsaufgaben: teils zusammen mit Tim und Paul, teils aber auch auf mich allein gestellt. Auch wenn ich unser Aufgabenprofil gelegentlich als etwas monoton und nicht immer abwechslungsreich wahrgenommen habe, kann ich doch sagen, dass ich an vielen Aufgaben wirklich gewachsen bin. So hatte ich die Möglichkeit, ein hohes Maß an Eigenverantwortung zu übernehmen, als die Deutschlehrerin an der Grundschule für insgesamt fünf Wochen krankheitsbedingt ausfiel. Ich habe während ihrer Abwesenheit den Deutschunterricht in der achten, neunten und zehnten Klasse durchgeführt, was teilweise eine ziemliche Belastungsprobe war. Am Ende habe ich jedoch viel Lob und Dankbarkeit erfahren, weshalb ich im Nachhinein froh darüber bin, diese Herausforderung als Chance genutzt zu haben.
Weitere Aufgaben am St. Paul Gymnas
Den größten Teil der Arbeitszeit habe ich allerdings außerhalb des Klassenzimmers verbracht, zum Beispiel in unserem Praktikantenbüro oder auch gemeinsam mit Hausmeister Paul. Diesen haben wir oft unterstützt, wenn es darum ging, Laub zu blasen oder schwere Dinge zu tragen. Auf diese Art und Weise habe ich mich gut mit Hausmeister Paul angefreundet, was den Arbeitsalltag vor allem in der zweiten Hälfte des Jahres sehr aufgelockert hat. Auch mit den Rezeptionistinnen und einigen Lehrern verstand ich mich sehr gut, sodass sich hier und da ein nettes Gespräch zwischendurch ergab.
Friluftsliv: Ein guter Ausgleich zum Arbeitsalltag
„Friluftsliv“ ist ein häufig benutztes Wort und bedeutet so viel wie „Freiluftleben“, also draußen in der Natur zu sein. Genau das habe ich in meiner Freizeit auch als Ausgleich gemacht. Allein oder mit Freunden, zu Fuß oder auf Skiern, schwer beladen mit Wanderrucksack und Hängematte oder einfach nur eine spontane Jogging-Runde. Irgendetwas konnte ich immer unternehmen. Vor allem im Winter, als die Tage immer kürzer wurden, merkte ich, wie wichtig es war, viel draußen zu sein. So fühlte ich mich lebendiger und hatte insgesamt viel mehr Energie.
Freizeit unter Corona
Wenn ich aber schon über Freizeit schreibe, kann ich leider auch die Corona-Pandemie nicht unerwähnt lassen, da natürlich in unserem Jahrgang nichts so ganz normal verlaufen ist. In Norwegen selbst hielten sich die Einschränkungen zum Glück weitestgehend in Grenzen. Leider musste ich im Laufe des Jahres insgesamt dreimal in Quarantäne, weil ich in der Schule Kontakt zu infizierten Personen hatte. Zum Glück wurde ich aber jedes Mal negativ
getestet. Die Tage, die ich isoliert verbringen musste, waren anfangs sehr langweilig und
machten mir etwas zu schaffen; die Zeit in Quarantäne brachte jedoch auch gute Seiten mit sich. So konnte ich mir beispielsweise viel Zeit nehmen, um das Zehnfingerschreiben an einer Computertastatur zu lernen, was sicher eine gute Investition meiner Zeit war.
Sprache öffnet Türen: Meine norwegischen Spracherfahrungen
Eine meiner größten Erwartungen an mich selbst war, mich bis zum Ende meines Jahres in Bergen gut auf Norwegisch verständigen zu können. Da ich im Vorfeld abgesehen von
bruchstückhaften Sprachfetzen, die ich einmal während eines einwöchigen Schulaustausches
aufgefangen hatte, keinerlei Vorkenntnisse mitbrachte, war die Sprachbarriere gerade am
Anfang ein zentrales Problem für mich. Doch aufgrund der verhältnismäßig einfachen
Grammatik und des alltäglichen Anwendens der neu gelernten Vokabeln verzeichnete ich
schnell Fortschritte. Auch das positive Feedback, welches ich oft von Muttersprachlern erhielt, motivierte mich dazu, immer weiter zu lernen. So kann ich jetzt zufrieden sagen, dass ich mein selbstgesetztes Ziel erreicht habe, im April die Sprachprüfung auf C1-Niveau zu bestehen.
Da es relativ wenige norwegische Muttersprachler gibt und es nicht allzu oft passiert,
dass Norwegisch als Fremdsprache gelernt wird, bin ich oft gefragt worden, weshalb ich
überhaupt Interesse daran hatte. Für mich lag jedoch von Anfang an auf der Hand, dass ich
unbedingt so viel norwegische Spracherfahrung wie gerade eben möglich mitnehmen wollte. Es wäre sicher ohne größere Probleme möglich gewesen, sich das ganze Jahr lang auf
Englisch zu verständigen, da die meisten Norweger sehr gute Englischkenntnisse vorweisen
können. Aus meiner Sicht geht es beim Lernen von Fremdsprachen aber um viel mehr als nur
Verständigung: Ich hatte das Gefühl, den Menschen auf einer ganz anderen Ebene begegnen zu können, als ich beispielsweise Redewendungen oder Sprichwörter verstehen und irgendwann auch selbst anwenden konnte. Außerdem waren die meisten Muttersprachler
beeindruckt und haben sich gefreut, dass ich mich mit ihrer Sprache auseinandergesetzt
habe. So sind viele gute Gespräche und Bekanntschaften entstanden, für die ich sehr
dankbar bin. Norwegisch zu lernen hat mich im Laufe des Jahres viel Zeit gekostet, aber ich bin ganz sicher, dass es sich gelohnt hat!
Norway in a Nutshell
Norwegen ist ein großes und vielseitiges Land, in dem es viel zu entdecken gibt. So schön ich Bergen auch fand – ich wollte trotzdem sehr gerne auch etwas herumkommen. So kam es mir gut gelegen, dass uns Pater Lukas das eine oder andere Mal mit nach Trondheim nahm,
wo wir halfen, das Kirchenarchiv zu digitalisieren. Mit dieser Arbeit hatten bereits unsere Vorgänger Lasse und Thomas angefangen. Außerdem reisten Tim, Paul und ich im November für ein Wochenende nach Oslo, um unsere PiN-Kolleginnen Elske und Franka zu besuchen. Gerne hätten wir auch noch Einsatzstellen in anderen Ländern bereist und die PraktikantInnen wiedergetroffen, die wir bereits vom Vortreffen in Paderborn kannten; wegen der Pandemie war es uns jedoch unmöglich, außerhalb der norwegischen Landesgrenzen zu reisen.
Dafür konnte ich aber im Mai noch einmal eine ganze Menge von Westnorwegen sehen, als
Pater Lukas mit uns zum Abschluss einen Roadtrip machte. Nach dem Motto „Norway in a
Nutshell“ kamen wir auf kurvigen Straßen und Gebirgspässen unter anderem nach
Balestrand, Vik und Eidsfjord. Auf dieser Reise durchquerten wir zwischendurch auch den
Lærdalstunnel, den längsten Tunnel der Welt.
"Ha det bra, vi ses igjen!"
(«Macht es gut, wir sehen uns!») So oder so ähnlich habe ich mich im Juni von vielen
Menschen verabschiedet, die ich im Laufe des Jahres gut kennengelernt habe. Obwohl ich mich natürlich sehr darauf freute, nach Hause zurückzukehren, fühlte es sich sehr komisch an, Bergen auf unbestimmte Zeit zu verlassen. Leicht fiel mir der Abschied nicht, doch ich weiß, dass ich im Kloster jederzeit willkommen bin und möchte dort auch sehr gerne bald zu Besuch kommen, wenn sich die Gelegenheit ergibt.
Mittlerweile bin ich schon im Studium angekommen und kann bereits nach wenigen Wochen
das bestätigen, was ich vorher oft von anderen gehört habe: Wenn die Uni erst einmal
angefangen hat, denkt man gar nicht mehr daran, dass man jetzt eigentlich ein Jahr „zu
spät“ dran ist. Ganz im Gegenteil: Ich denke noch jetzt jeden Tag an meine großartige Zeit in Norwegen und mache mir bereits Gedanken darüber, ein Auslandssemester an der NTNU in Trondheim zu machen.
An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal ganz herzlich bei allen bedanken, die dazu
beigetragen haben, dass mein Jahr so reibungslos ablief, und wünsche auch allen
PraktikantInnen aus dem aktuellen Jahrgang alles Gute für die nächsten Monate!