Nach 10 Monaten in Island bin ich nun wieder zurück und höre von fast jedem dieselben drei Worte: "Und, wie wars?".
Meist reicht ein kurzes und knappes "Schön!" den Fragestellern jedoch nicht aus. Und ich verstehe natürlich auch warum :-)
So geht es auch dem Bonifatiuswerk, das mich gebeten hat, ein paar Zeilen zu schreiben.
Dafür schweife ich mal ein wenig aus und fange ganz von vorne an.
Reise ins Ungewisse
Bei meiner Abreise in Berlin am 14.09.2020 war mir noch nicht wirklich klar, was auf mich zukommen würde. Quasi eine Reise ins Ungewisse. Als ich in Reykjavík angekommen war, wurde mir erst langsam bewusst, dass ich jetzt erstmal für eine ganze Weile meine Heimat verlassen habe. Doch zum Glück wurde ich sehr herzlich willkommen geheißen. Während der fünftägigen Quarantäne, die ich aufgrund der Corona-Einreisebestimmungen einhalten musste, hatte ich aber dann auch direkt Zeit, mich darauf einzustellen, was es bedeutete, fernab der Heimat zu sein. Diese Zeit nutzte ich jedoch auch, mir während der Quarantäne die Stadt anzusehen, die für die nächste Zeit mein Zuhause sein würde.
Erwartungen und Wünsche
Da ich mir die Zeit nicht mit Erwartungen, die sich im Zweifelsfall nicht erfüllen würden, verderben wollte, bin ich weitgehend ohne Erwartungen an meinen Aufenthalt in Island herangegangen. Dennoch hatte ich natürlich ein paar Wünsche und ich bin im Nachhinein sehr dankbar, dass sich einige davon erfüllt haben. Einer dieser Wünsche war, dieses einzigartige Land anschauen und selbständig erkunden zu können. Das ist mir auch sehr gut gelungen, aber dazu später mehr. Außerdem hatte ich gehofft, ein paar nette Menschen kennenzulernen, was mehr als übertroffen wurde: Ich habe fast täglich neue Menschen aus aller Welt kennengelernt. Auch hatte ich das Glück, einige von meinen wundervollen Mitpraktikant*innen kennenlernen zu dürfen.
Meinen Plan umzusetzen, die Sprache des Landes während meines Aufenthaltes zu erlernen, gelang mir allerdings leider nicht so gut. Das lag aber definitiv an mir, da ich recht schnell merkte, dass ich mit meinem Englisch weiter kam als mit meinen neu erlernten Isländisch-Kenntnissen. So fehlten mir dann leider die nötige Praxis und die Notwendigkeit, um die Sprache zu lernen.
Mein Alltag in Reykjavík
Mein Alltag begann bei den Mutter-Theresa-Schwestern. Diese veranstalten ein Frühstück für Bedürftige, bei dem ich sie unterstützt habe. Dabei übernahm ich Aufgaben wie Essen verteilen, abwaschen und auch gelegentlich die Pflanzen gießen. Nachmittags half ich dann Ivan im Büro bei allem, was gerade so anstand. Ivan Sovic ist der Verantwortliche für die Päpstliche Mission in den Nordischen Ländern und meine Kontaktperson in Reykjavík. Zwischendurch fragte mich auch mal einer der Priester, ob ich eine kleine Sache erledigen könnte. So habe ich zum Beispiel Rosenkränze repariert, ein wenig bei der Gartenarbeit geholfen und auch anderthalb Wochen in der Stadtgemeinde Stykkisholmur verbracht, um dort die Liederzettel für die Gottesdienste neu zu organisieren. Sonntags habe ich dann immer das Gemeindekaffee vorbereitet und aufgeräumt, sofern eins stattfinden konnte. Mehr Infos zu meinem Alltag findet ihr außerdem in meinen beiden Blogeinträgen Nummer 2 und 3!
Volles Paket Island!
In meiner Zeit hier habe ich immer wieder festgestellt, dass ich die perfekte Zeit für mein Auslandsjahr in Island gewählt hatte: Erstens, weil die Corona-Situation in Island weitgehend sehr stabil war und zweitens, weil ich in meinen 10 Monaten so das volle Paket Island bekommen habe.
Ich habe so wahrscheinlich die Mehrheit der Attraktionen gesehen, die Island zu bieten hat, von den Nordlichtern, über Geysire, heiße Quellen und Wasserfälle, zu Gletschern und Erdbeben bis hin zum Vulkanausbruch, den ich sogar aus großer Nähe beobachten konnte.
All dies sind Erlebnisse, die ich nicht so schnell vergessen werde!
Ein Roadtrip mit einmaligen Erlebnissen an jedem Tag
Gegen Ende meines Praktikums haben mich dann auch noch meine Eltern besucht, und da man nicht mal eben so nach Island fährt, haben wir einen Roadtrip einmal fast um die ganze Insel gemacht, und so an nahezu jedem Tag etwas Beeindruckendes erlebt.
Um hier nur ein paar Dinge aufzuzählen: eine Gletscherwanderung, eine Wanderung zum Vulkan Fagradalsfjall, Rentiere in freier Wildbahn, ein starkes Schneegestöber mitten im Juni, wunderbar knuffige Papageientaucher und ein paar Buckelwale und Delfine. Und zwischendurch immer wieder Wasserfälle und heiße Quellen.
Island ist wirklich einzigartig!
Katholische Kirche auf Island
Die Isländische Kirche ist etwas ganz Besonderes, denn hier leben die Katholikinnen und Katholiken auf einer viel größeren Fläche und viel verstreuter als wir das aus Deutschland kennen. Des Weiteren ist die katholische Gemeinde hier sehr international und nur ein sehr geringer Teil stammt tatsächlich gebürtig aus Island. Das ist sowohl für die Priester als auch für die Gläubigen nicht so einfach, da sich nur in den großen Städten wirkliche Gemeinden bilden können, die sich regelmäßig treffen. Der Rest lebt etwas isolierter und hat dadurch auch nicht so regelmäßig die Möglichkeit, eine heilige Messe zu besuchen, da dafür erstmal einer der Priester anreisen muss. So fährt auch der Bischof regelmäßig über die Insel, um die Firmung zu spenden oder heilige Messen zu feiern. Und so kam es auch, dass ich eine ganze Rundreise um Island mit Sera Jakob, einem der Priester in Reykjavík, gemacht habe, damit er zwei Ehegespräche und vier Gottesdienste feiern konnte. Das hat mir nochmal vor Augen geführt, wie leicht es die Priester und Gläubigen selbst in der deutschen Diaspora in Berlin haben, wo die Kirche quasi immer nebenan ist.
Des Weiteren zeigt die Internationalität auch, wie der Glaube die verschiedensten Menschen zusammenbringen kann. Besonders das Frühstück bei den Mutter Theresa Schwestern hat mir einen neuen Blick darauf gegeben, wie der Glaube selbst Menschen, die sehr wenig haben, oder durch eine Behinderung stark eingeschränkt sind, Hoffnung und Kraft schenken kann.
Mein persönlicher Rückblick
Jetzt, wo ich wieder in Berlin bin und langsam begreife, dass mein Auslandsjahr wirklich vorbei ist, blicke ich sehr gern auf meine Zeit in Island zurück und freue mich schon darauf, noch einmal dorthin zu gehen und noch mehr von diesem faszinierenden Land kennenzulernen.
Bereits jetzt vermisse ich auch schon manche Sachen, die es in Deutschland so nicht gibt, wie zum Beispiel die einzigartige Badekultur der Isländer, die nicht zum Schwimmen oder zum Abkühlen ins Schwimmbad gehen, sondern zum Entspannen und Leute treffen. Was dem Deutschen die Stammkneipe ist dem Isländer das Schwimmbad! Es ist einfach ein tolles Gefühl, bei minus 3 Grad Außentemperatur in einem 40 Grad heißen Pool zu liegen und in den Schnee zu schauen.
Meine 10 Monate in Island waren eine ganz besondere und wunderschöne Zeit, auf die ich immer wieder mit Freude zurückblicken werde. Ich kann es jedem, der darüber nachdenkt, nach Island zu gehen, wirklich 100% empfehlen: Traut euch, Island ist toll!
Zum Schluss möchte ich natürlich auch noch die Gelegenheit nutzen, den Menschen beim Bonifatiuswerk, die es mir trotz der Pandemie möglich gemacht haben, diese wundervolle Zeit zu erleben, zu danken. Vielen Dank für euer Engagement!