Riga: Häufig unterschätzt – aber mein Geheimtipp!

Julia und ihre Mitpraktikantin Isabell in Riga: Eine aufregende Zeit geht zu Ende.
Julia und ihre Mitpraktikantin Isabell in Riga: Eine aufregende Zeit geht zu Ende.

Wenn ich über mein Praktikum in Riga erzähle höre ich oft: "Riga? Wo liegt das, ist das in Litauen?" - Nein! Riga ist die Hauptstadt Lettlands. Aber auch das sagt den Allermeisten leider nur wenig. Dieses kleine Land wird leicht übersehen.

Schweden hat Elche und Zimtschnecken. Island hat Vulkane und heiße Quellen. Aber mit den Ländern des Baltikums verbinden die Wenigsten solche landestypischen Dinge. Bei mir ist das jetzt anders, nachdem ich mein Praktikum in Riga beendet habe.

Wenn ich an meine acht Monate dort zurückdenke, kommen mir sehr, sehr viele schöne Bilder und aufregende Erinnerungen in den Sinn: Kerzen für den Papst, süße kleine Kinder, Bus-Pannen, ein neuer Hund, Kuchen zum Frühstück, kalte Hände, schöne Häuser und vieles mehr. Aber bevor das jetzt zu durcheinander wird, versuche ich mal sortiert zu berichten.

Inspiration gesucht: Mein Start in Riga

Inspirierendes Lettland
Inspirierendes Lettland

Mit hohen Erwartungen stiegen Isabell, Eva und ich Mitte September 2020 in Düsseldorf ins Flugzeug: Ich erhoffte mir viele neue Eindrücke, vielleicht ein paar Inspirationen für meine Studienwahl und auf jeden Fall eine gute Zeit. Und so viel kann ich schon mal verraten: Diese Erwartungen wurden bei Weitem übertroffen! Während viele meiner Freunde in Deutschland aufgrund des Lockdowns in einem relativ eintönigen Alltag festgesteckten, habe ich ein ganzes Land und viele neue Leute kennengelernt. Auch für mein zukünftiges Berufsleben konnte ich wertvolle Erfahrung sammeln.

Mein Alltag in Lettland: Jede Menge Aufgaben und Abwechslung

Wie viele Kerzen wurden schon verkauft? Julia bei ihrer Arbeit in der Kerzenwerkstatt.
Wie viele Kerzen wurden schon verkauft? Julia bei ihrer Arbeit in der Kerzenwerkstatt.

Im Herbst arbeitete ich an zwei Tagen in der Woche im deutschsprachigen Kindergarten und an weiteren zwei Tagen in der Kerzenwerkstatt für junge Erwachsene mit Mehrfachbehinderungen. Außerdem half ich zwei Abende pro Woche bei der Kinderbetreuung des Roten Kreuzes mit und absolvierte mit meinen Mitpraktikantinnen zusätzlich einen Sprachkurs, damit wir zumindest ein wenig Lettisch verstanden.

 

Unsere Arbeitswoche war durch den täglichen Ortswechsel sehr abwechslungsreich und es wurde nie langweilig. Besonders die Arbeit in der Kerzenwerkstatt machte sehr viel Spaß und war, wenn man mal von der Vorweihnachtszeit absieht, auch sehr entspannt. Ich half den Mitarbeitenden beim Einpacken der Kerzen und bereitete die Kerzenformen mit den Dochten vor. Im April durften wir dort sogar eine Bestellung für den Vatikan anfertigen, was natürlich eine echte Ehre für uns war.

 

Es war mir auch ohnehin eine große Freude, dort für den guten Zweck zu arbeiten, denn der gesamte Erlös aus dem Kerzenverkauf wird zum Bau eines Gruppenwohnheims für die Klienten gespart. Dazu müssen ca. 1.000.000 Kerzen verkauft werden. Wir durften das neu gekaufte Grundstück, das zukünftig als Gruppenwohnheim dienen soll, sogar bereits anschauen.

Kindergarten: Viele neue Freundschaften statt Sprachbarrieren

Im deutschen Kindergarten arbeiteten wir zwar einen vollen Arbeitstag im Umfang von acht Stunden, aber immerhin gab es dort keine Sprachbarriere :-). Es hat mir viel Spaß gemacht zu sehen, wie die Kinder (in meiner Gruppe waren sie erst zwei Jahre alt) langsam Deutsch verstanden und zugleich Sprechen lernten. Außerdem habe ich hier tolle neue Freundschaften zu den anderen Mitarbeitenden und FSJ'lern aus Deutschland geschlossen, mit denen ich so auch einige Ausflüge unternommen habe.

 

Beim Roten Kreuz arbeiteten wir wiederum in verschiedenen Einrichtungen. Ich half dort einerseits auch bei der Kinderbetreuung, wurde hier allerdings mit dem kompletten Gegenteil zum deutschen Kindergarten konfrontiert: Die meist sehr armen Kinder dort erfreuten sich nämlich bereits an Kleinigkeiten und auch die Mütter und Mitarbeitenden waren für die Entlastung spürbar dankbar.

Einsatzstelle & Zuhause: Das Leben im Kloster

Bunt und festlich: Gemeinsames Erntedankfest im Kloster.
Bunt und festlich: Gemeinsames Erntedankfest im Kloster.

Unsere letzte "Einsatzstelle" war gleichzeitig unser Zuhause. Im Kloster hatten Isabell und ich verschiedene Aufgaben: Mal halfen wir Schwester Hannah, u.a. zu Gründonnerstag, Karfreitag und Ostern, Altäre in der Kapelle zu gestalten, mal wurden wir beim Erntedankfest aktiv in das Programm des Klosters mit eingebunden.

 

Zur Karfreitagsliturgie erstellten wir einen kleinen Kreuzweg, der mit unserer kleinen Gemeinde gemeinsam gebetet wurde. Durch den wöchentlichen lettischen Gottesdienst lernte ich nicht nur die fremde Sprache, sondern vor allem natürlich auch die katholische Kirche Lettlands besser kennen. Diese unterscheidet sich von der deutschen Kirche schon in einigen Bereichen: So hatte ich den Eindruck, dass die wenigen Katholikinnen und Katholiken dort deutlich konsequenter in ihrer Glaubensauslebung sind, als wir es hier in Deutschland kennen.

 

Besonders überrascht hat mich, dass Mädchen dort keine Ministrantinnen werden dürfen, da ich ja selbst schon eine lange Zeit dieses Amt in meiner Heimatgemeinde in Deutschland ausübe.

 

Das Kloster selbst ist für mich im Laufe meiner Zeit in Riga zu einem richtigen Zuhause geworden, denn die Schwestern ermöglichten uns einen sehr angenehmen Aufenthalt. Schwester Tereze, Schwester Nelija und Schwester Hannah luden uns jeden Sonntag zum gemeinsamen Mittagessen ein, was immer sehr lecker und ein schönes Gemeinschaftserlebnis war. In der ruhigen Wohnlage des Klosters vergaß man manchmal, das man sich in der Hauptstadt Lettlands befand. Die Abwechslung zwischen Großstadtverkehr in der Innenstadt mit Bus Nummer 7 und dem entspannten Spaziergang an der Marupite, einem kleinen Flüsschen nahe unserem Kloster, genoss ich so sehr.

Unterwegs mit dem Boni-Bus: Meine Freizeit in Riga

Traumhafte Sonnenuntergänge, dichte Wälder: Die lettische Natur ist vielfältig!
Traumhafte Sonnenuntergänge, dichte Wälder: Die lettische Natur ist vielfältig!

In unserer Freizeit, insbesondere an den Wochenenden, nahmen Isabell und ich meist sehr gerne die Möglichkeit wahr, uns den BONI-Bus auszuleihen und damit aus der Stadt herauszufahren. Die Landschaft ist im ganzen Land nämlich wirklich sehr sehenswert! Von einem Roadtrip an der Küste entlang haben wir ja bereits in einem unserer Blog-Beiträge berichtet, ein anderer Ausflug war durch Pannen erschwert.

 

Ein besonders einprägendes Erlebnis war zudem ein Tagesausflug im Oktober nach Sigulda. Dort waren wir mit einer belgischen Freundin Bungeejumpen im Gauja-Nationalpark. Die Angst vor dem Absprung werde ich bestimmt mein Leben lang nicht vergessen. Aber ich bin sehr froh, dass ich mich überwunden habe, denn so habe ich für immer eine Erinnerung an Sigulda. 

 

Isabell und ich haben auch sehr gerne zusammen gekocht oder auch einige Male Essen bestellt. Die Auswahl ist in einer Großstadt wie Riga wirklich verführerisch und das mussten wir natürlich ausnutzen. Natürlich kommt es, wenn man zusammen wohnt auch mal zu kleineren Unstimmigkeiten. Daraus habe ich allerdings auch lernen können und hoffe, dass ich diese WG-Erfahrungen im Herbst brauchen kann, wenn ich eine WG in Regensburg beziehe, um in der Stadt zu studieren.

Dankbarkeit & Abenteuer in Schweden

Auf ins schwedische Abenteuer!
Auf ins schwedische Abenteuer!

Zum Ende meines Berichtes, möchte ich schließlich noch von den letzten zwei Wochen meines Praktikums erzählen. Zunächst galt es vielfach Abschied zu nehmen (mit entsprechendem Abschiedsschmerz) von den Menschen in den zahlreichen Einsatzstellen und dann natürlich auch von den Schwestern im Kloster.

Nachdem es leider nicht möglich war, während der Zeit in andere Länder zu reisen und andere Praktikantenkolleginnen und –kollegen aus dem "Praktikum im Norden" zu besuchen, wollten wir dies zumindest auf dem Rückweg nach Deutschland noch nachholen.

 

So bestiegen Isabell und ich in der Hafenstadt Ventspils die Fähre Richtung Stockholm. Dort wurden wir von den schwedischen Praktikanten herzlich in Empfang genommen.

Mit Clarita, Hannah, Sonja, Konrad, der Projektkoordinatorin Ricarda Clasen und zwei Jesuiten verbrachten wir so die folgende Woche im berühmten Ferienhaus Marieudd. Wir hatten schon viel von dem angeblich "schönsten Ort der Welt gehört" und wurden definitiv nicht enttäuscht.

Für die tolle Lage am See und die köstliche Verköstigung halfen wir daher auch gerne ein wenig bei verschiedensten Arbeiten mit: So lernte ich zum Beispiel Holzhacken und gleich am ersten Tag zeigte mir Clarita,  was eine schwedische Fika ist. Es sollte nicht bei dieser einen Kaffeepause mit dem besten Cappuccino bleiben :)

Die PiN-Teilnehmenden aus Uppsala & Stockholm Hannah, Sonja, Konrad und Clarita zeigen Julia und Isabell ihre zweite Heimat Schweden.
Die PiN-Teilnehmenden aus Uppsala & Stockholm Hannah, Sonja, Konrad und Clarita zeigen Julia und Isabell ihre zweite Heimat Schweden.

Die zweite Woche unseres Schwedenaufenthaltes übernachteten wir in Uppsala und nutzten die Gelegenheit, um oft nach Stockholm zu fahren. Uns wurde, neben den ganzen Sehenswürdigkeiten, auch die Caritas, also eine Einsatzstelle von Sonja und Konrad gezeigt, wo wir einen Arbeitstag miterlebten durften.

 

Beeindruckend war auch der Tagesausflug mit der Fähre nach Waxholm, eine der berühmten Schäreninseln. Zum Abschluss noch zwei Wochen einen Praktikantenbesuch in Schweden machen zu können, war wirklich eine tolle Erfahrung und der krönende Abschluss meiner Zeit als PiN'lerin! Vielen Dank für die tolle Gastfreundschaft, die super Touriführungen und natürlich den guten Kaffee! Tack!

Liebe Worte zum Abschied

Dankbar bin ich ohnehin für die zahlreichen Erfahrungen und vielfältigen Erinnerungen, die ich machen durfte. Eine einmalige Zeit geht zu Ende und ich blicke definitiv dankbar und glücklich darauf zurück. Ein großes Dankeschön möchte ich deshalb abschließen auch an alle richten, die das "Praktikum im Norden" ermöglicht haben. Es war eine tolle Zeit und ich freue mich schon jetzt auf ein Wiedersehen!

Julia

Die Träger des Projekts           Kontakt

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Projektkoordinatorin

Slottsgränd 6 | 75309 Uppsala

Web: www.newman.se

E-Mail: ricarda.clasen@newman.se

 

 

 

 

 

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Referentin "Missionarische und diakonische Pastoral"
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Finanziell unterstützt wird das Bonifatius Praktikanten Programm durch das Erzbistum Paderborn.