Wer kennt es nicht: Man ist schon wieder ein Jahr älter geworden, um Einiges gewachsen, schlüpft in die Jeans vom letzten Jahr rein und merkt: Hups, da ist aber ganz schön Hochwasser! Zugegeben geht mir das heute zum Glück nicht mehr so, da ich erstens nicht mehr wachse und zweitens der Trend ja wohl deutlich für Hochwasserhosen spricht.
Estlands fünfte Jahreszeit
Und nicht nur der Hochwasserhosentrend ist hier in Estland unter den Hipstern längst angekommen. Auch die fünfte Jahreszeit. Was einige in Deutschland als Fastnacht bezeichnen, ist hier allerdings als Hochwasser bekannt. Die kurze Zeit zwischen Winter und Frühling, wenn der Schnee schmilzt und Mutter Natur die verflüssigten Überreste von Väterchen Frost nicht so schnell aufnehmen kann, da zu schnell neues Wasser nachkommt. In Tartu sammelt sich das Wasser zwar im Tal, das ist allerdings sehr überschaubar. In anderen Regionen wie dem Nationalpark Soomaa Estlands stehen dafür Dörfer und Wälder unter Wasser, sodass man mit dem Kanu durch das Gebiet paddeln kann.
Winter in Estland
Der Winter in Estland ist ohnehin etwas ganz Besonderes! Noch vor zwei Wochen habe ich mir angewöhnt, meinen Heimweg etwas zu verlängern und dafür einen winterlicheren Weg zu genießen. Die letzte Nacht hatte es unendlich geschneit, sodass sich der Schnee auf den Ästen der Bäume sammelte. Dieser Tag war ein windiger Tag. Die Sonne schien, der Himmel erstrahlte in einem Blau, wie es sich in der estnischen Flagge widerspiegelt. Darunter der schwarze Wald und der weiße Schnee. Der Wind blies den Schnee feingeflockt von den Ästen und rieselte mir ins Gesicht. Ich schaute nach oben, aber dann blendete mich die Sonne und ich kniff die Augen zusammen.
Als ich Zuhause ankam bemerkte ich, dass mich der Schnee so geblendet hatte, dass sich meine Augen erstmal wieder an die Dunkelheit in der Wohnung gewöhnen mussten.
Drei Monate Schnee
Noch nie habe ich so einen vollkommenen Winter erlebt wie dieses Jahr in Estland: Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dass der Schnee wirklich ein Teil davon war. Er ist ganze drei Monate am Stück geblieben und machte die Menschen, so habe ich den Eindruck, in einer dunklen Jahreszeit mit seiner puren Anwesenheit glücklicher.
Mittlerweile freuen sich alle aber trotzdem auf den nahenden Frühling. Die Vögel sind schon fleißig am Singen und die Tage sind deutlich länger geworden, sodass ich morgens um halb sieben von der Sonne geweckt werde.
Auch Estland ist im Lockdown
Und falls ihr euch wundert: Ja, Corona existiert auch in Estland, nur die Leute haben es erstmal nicht so eng genommen. Und im Moment haben wir nun auch einen Lockdown.
Musik im Video: Creativ Commons CC James Bosh | Kostenlos hören auf SoundCloud
In Erwartung auf den Frühling und darauf, dass bald alles beginnt zu blühen, schicke ich euch liebe Grüße!
Eure Alex