"Sommartiden är här" und das Leben schlägt in einem anderen Takt

Sommer in Schweden - immer bewaffnet mit Schirm und Rollkragen
Sommer in Schweden - immer bewaffnet mit Schirm und Rollkragen

Meine beste Freundin – Grüße gehen raus an dieser Stelle – sagte vor einigen Wochen als Reaktion auf eine von mir in die Heimat geschickte, melancholisch, sommerlich inspirierte Sprachnachricht: "Würde ich jedes Mal was trinken, wenn du von schwedischen Lichtverhältnissen sprichst, wäre ich in jeder Konversation mit dir nach wenigen Minuten betrunken!"Sie hat Recht.

 

Ich bin den schwedischen Lichtverhältnissen verfallen. War ich schon im Winter, als es den ganzen November und Dezember nicht richtig hell geworden ist, was auch am dauerhaft wolkenverhangenen, nieseligen Himmel lag, aber ich bin es umso mehr im Sommer.

 

Das schleppende Licht

Denn das sogenannte schwedische Släpljus, das schleppende Licht hier im Norden, dass im besonders langen Winkel auf die Erde trifft, übertrifft alles was die Natur so an Schönheit zu bieten hat und sorgt für vollen Speicherplatz auf meinem Handy wegen viel zu vieler schönster Sonnenuntergänge.

Sonnenaufgang über der Stockholmer Altstadt
Sonnenaufgang über der Stockholmer Altstadt

Der schwedische Sommer schlägt in einem anderen Takt. Stockholm im Winter ist nicht dasselbe Stockholm wie im Sommer, hörte ich am Anfang meines Praktikums oft – da ist was dran. Während sich die Stadt im Winter auf Sparflamme bewegt, alles irgendwie verhangen und melancholisch wirkt, in spannender Erwartungshaltung auf die Rückkehr des Lichts, sind die Straßen ab dem ersten Frühlingstag wieder voll und kribbelige Vorfreude liegt in der Luft.

Langsam aber sicher verschiebt sich der Sonnenuntergang weiter nach hinten und der Sonnenaufgang wird immer früher, langsam aber sicher gibt es keine Dunkelheit mehr. Stattdessen legt sich die ganze Nacht ein leiser schleppender Lichtstreifen über den Horizont und die Sonne wandert sichtbar einmal an ihm entlang, bevor sie sich wieder auf den Weg nach oben macht.

 

Sommerpause

Unzählbare Abende verbrachten wir so picknickend und musikhörend auf wechselnden Stockholmer Stadtinseln, das Wandern der Sonne beobachtend mit der Gewissheit: Es ist noch nicht mal Sommersonnenwende, es wird noch heller werden.

 

Und so kam Midsommar und ich fand mich nachts um zwei ohne künstliche Lichtquelle karten- und kubbspielend auf einem Steg auf Ljusterö, einer Insel im nördlichen Stockholmer Schärgarten, wieder. Mit Midsommar beginnt dann für alle offiziell der Sommer. Alles nicht wirklich lebensnotwendige wird runtergefahren oder eingestellt, alle Schulen schicken ihre Schüler*innen in Sommerpause und alle Stockholmer fahren in ihre Landhäuser. Im Juli ticken die Uhren anders, da ist Urlaubsmonat. Wären in jedem anderen Jahr Stockholmer Altstadt und Strandvägen überfüllt mit Tourist*innen, ist es dieses Jahr angenehm leer – einer der wenigen Vorteile der Coronakrise.

 

St. Eugenia im Ruhemodus

Und so ist mit Midsommar auch hier in St. Eugenia Ruhe eingekehrt. Die Katechese pausiert bis im August die neuen Kurse beginnen, die Gottesdienstanzahl ist runtergefahren, die Treffen der Studierendengemeinde, ob mit oder ohne Virus, eingestellt und der Buchladen läuft nur noch mit Sommeröffnungszeiten. Der Juli ist damit für mich ein leise-langsamer Abschiedsmonat geworden. Während die Caritas mit Beginn der Coronakrise von gemeinsamen Treffen auf Lebensmittelausteilung umgestellt hat, freut sich auch der Buchladen weiterhin über helfende Hände, die nicht in Sommerpause gegangen sind und ich finde noch einiges zu tun.

 

Sommereindrücke

Damit werden Stück für Stück die Tage wieder kürzer und nun warten viele letzte Male. Dabei bin ich sehr dankbar, den Juli noch an meiner Praktikumsstelle hier in Stockholm verbringen zu können. Auch wenn Schweden im Sommer in einem anderen Takt schlägt.

Catalina Fipper

 

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