
Vor ungefähr einem Monat erreichte uns Praktikantinnen bei der Caritas in Stockholm eine Anfrage seitens des Bonifatiuswerks,
für uns prägende Geschichten wiederzugeben, die wir bei unserer Arbeit beim Caritas Mötesplats erlebt haben.
Wir, Catalina und Pauline, arbeiten nun seit 9 Monaten beim Mötesplats, einem
Treffpunkt für Menschen, die neu in Schweden sind und Hilfe aller Art benötigen.
Was wir bis jetzt besonders beeindruckend fanden? Lest selbst!
Maria hat Hoffnung!

Pauline: "Im November kam eine schwangere Frau, nennen wir sie Maria, zu uns zum Mötesplats. Zuerst war sie etwas zurückhaltend, aber immer, wenn wir uns begegneten, lächelte sie uns zu und
begann mit den ersten schwedischen Wörtern wie "Hej" zur Begrüßung.
Kurz vor Weihnachten haben wir mit allen Besuchern und Besucherinnen unseres Treffpunktes eine Weihnachtsfeier veranstaltet. Unter den Spenden, die wir als Geschenke verteilen konnten, waren einige Babysachen. Wir
zeigten sie Maria. Ihre Augen strahlten, ich fand heraus, es war ihr erstes Kind, das sie erwartete. Dankend nahm sie ein paar der Dinge an.
Nachdem wir nach unserer Weihnachtspause den Mötesplats wieder öffneten, sahen wir Maria eine Zeit lang nicht mehr. Wie oft bei den Teilnehmenden beim Mötesplats wussten wir nicht, was mit ihr geschehen ist, denn nicht immer haben wir die Kontaktdaten. Dann, Mitte Februar, kam Maria wieder. Aber nicht allein, sie hatte ihren kleinen Sohn dabei. Stolz zeigte sie ihn allen, erzählte von der Geburt, sie war allein mit ihrem Säugling über Silvester im Krankenhaus. Auf die Frage, wie ihr Sohn heißt, sagte Maria stolz "Magnus". Alle Anwesenden mussten lächeln. Maria kommt aus Südamerika, der Name Magnus steht dort nicht in den Top 10 der Babynamen.
Maria hat kaum Aussichten, in Schweden zu bleiben, Länder wie El Salvador, Peru oder Venezuela gelten als sichere Herkunftsländer. Aber sie hat Hoffnung, sich hier eine Zukunft aufzubauen, Hoffnung, dass Magnus in Schweden aufwächst.
Was gibt ihr diese Hoffnung? Ich weiß es nicht. Aber ich wünsche ihr und ihrem Sohn nur das Beste!"
Wenn Hoffnung auf alle überspringt

Catalina: "Einige Wochen später feiern wir den Internationella Kvinnodagen (Internationalen Frauentag) beim Mötesplats. Langsam versinkt die Welt im Corona-Chaos, in Schweden scheint die Welt noch nicht still zu stehen.
Wir haben ein großes aufwendiges Frühstück vorbereitet und lange und ausgiebig gemeinsam den Vormittag bei belegten Broten, Keksen und Obst begonnen. Nach den anschließenden Schwedischkursen und einem gemeinsamen Mittagessen haben wir uns noch etwas Besonderes ausgedacht: Neben Plakaten, die die Besucherinnen und Besucher beim Mötesplats mit Wünschen für Frauen weltweit beschreiben können, gibt Pauline einen kleinen Einblick in deutschen Volkstanz. Alle tanzen und üben begeistert mit und unsere zu dem Zeitpunkt besonders lateinamerikanisch geprägte Gemeinschaft lacht und tanzt. Oft fragen sie: "Und das ist jetzt typisch deutsch?" "Ja!", erklären wir.
Während des Aufräumens läuft auf einmal lateinamerikanische Salsa-Musik und die Südamerikaner beginnen, Salsa zu tanzen. "Los, macht mit!", rufen sie uns zu. Und so verwandelt sich dieser Nachmittag vom gemütlichen Feiern des Frauentages mit Tanzeinführung in Volkstanz zu einer lauten ausgelassenen Party bei lateinamerikanischer Salsa Musik. Voller Stolz zeigen uns die Teilnehmenden am Mötesplats die Grundschritte ihres Volkstanzes. Freude, Hoffnung und Ausgelassenheit liegen in der Luft. "Das müssen wir nächste Woche nochmal machen", sage ich zu Pauline als wir schließlich den Treffpunkt abschließen.
Hoffnung für uns selbst
Am nächsten Morgen wird jedoch nicht nur die Regierung mit dem Einstellen aller Großveranstaltungen erste Maßnahmen gegen die steigenden Coronafallzahlen treffen, auch der Mötesplats wird am nächsten Tag das letzte Mal für unbestimmte Zeit seine Türen offen haben. Ob wir Praktikantinnen nochmal Salsa tanzen können und ob wir uns vor unserer Abreise Ende Juni noch von unseren Schützlingen verabschieden können, steht auf einmal von heute auf morgen in den Sternen. Doch die Hoffnung dieses unerwarteten, ausgelassenen Nachmittags wird uns durch diese Zeit tragen. Es ist ein Hoffnungsschimmer, der durch allen Abschiedsschmerz und Frust hindurchleuchtet. Über alle Kultur- und Ländergrenzen hinweg.