In Riga, Lettland habe ich bei den Dominikanerinnen von Bethanien vom 25. September 2019 bis zum 26. Februar 2020 gelebt und dabei der Klostergemeinde sowie den Schwestern in alltäglichen Aufgaben geholfen, wie der Arbeit im Garten oder dem Renovieren und Streichen der Kleiderkammer.
Darüber hinaus arbeitete ich im Kindergarten der Deutschen Schule Riga, im Krisenzentrum für Familien "Burtnieki" des Roten Kreuzes, im Tageszentrum für junge Menschen mit Mehrfachbehinderung in Imanta sowie in der Suppenküche der Missionaries of Charity. Außerdem beteiligte ich mich am Deutschunterricht im "Gimenesmaja" und in der katholischen Schule in Liepaja und der Sonntagsschule im Dominikanerkloster.
Schwerpunkte meiner Arbeit
Nicht alle diese Stellen habe ich im Laufe meines Praktikums intensiviert, wie die Arbeit im Kindergarten der Deutschen Schule Riga oder im Krisenzentrum für Familien "Burtnieki" des Roten Kreuzes. Im Laufe der Zeit habe ich bestimmte Einsatzorte, die mehr auf meine Interessen und Stärken abzielten, verstärkt in Angriff genommen, um tiefere Erfahrungen und Eindrücke zu sammeln.
"Svetas Gimenes Maja" – Heiliges Familienhaus
Eine solche Arbeitsstelle war für mich das "Svetas Gimenes Maja" ("Heiliges Familienhaus"), in dem ich zweimal die Woche eine gemischte Gruppe von Senioren und eine Familie unterrichtete. Neben der Weiterentwicklung des Wortschatzes wurde die Kommunikationsfähigkeit durch regelmäßige Gruppengespräche, wie auch die Grammatik verbessert.
Tageszentrum für junge Menschen mit Mehrfachbehinderung
Ein zweiter Einsatzort, der mein Arbeitsleben bestimmt hat, war das Tageszentrum für junge Menschen mit Mehrfachbehinderung, in dem ich zweimal die Woche gearbeitet habe.
Der Schwerpunkt meiner Arbeit lag auf der Förderung und Weiterentwicklung der kognitiven und motorischen Fähigkeiten der Klienten. Ich arbeitete und half während der alltäglichen Mahlzeiten, beim zweistündigen Spaziergang sowie in der Kerzenwerkstatt und in der Einzelbetreuung.
Besonders in der Vorweihnachtszeit wurde beim Produzieren der Kerzen jede freie Hand benötigt. Die Klienten brachen dabei bunte Wachsplatten in kleine Stücke und füllten diese in Kerzenformen. Unsere Aufgabe war es, die gefüllten Formen anschließend mit heißem Paraffin aufzugießen und diese nach der Abkühlungsphase neu mit Dochten zu bestücken.
Davor hatte ich nie die Gelegenheit gehabt, Behinderte zu begleiten. In der Kommunikation war meine eigene Authentizität, klare Körpersprache und Mimik gefragt. Zudem inspirierten mich die Mitarbeiter/innen und ihr Teamspirit. Bewundernswert waren ihr Engagement und Motivation, trotz der aktuellen schwierigen Situation für behinderte Menschen in Lettland.
Mitarbeit in der Suppenküche
Viel Spaß hat mir zudem die Arbeit in der Suppenküche gemacht. Im russischen Viertel half ich einmal pro Woche, den engagierten Schwestern der Nächstenliebe an Bedürftige Essen und Getränke zu verteilen.
Regelmäßig saßen bis zu hundert Personen im Saal, die mit Suppen, Brotlaiben und heißen Getränken versorgt wurden. Die Arbeit bestand für uns darin, die Teller aus großen Kochtöpfen zu befüllen, welche auf Wagen durch die Reihen geschoben wurden. Die Heißgetränke mussten auf vorbereiteten Paletten zu jedem Tisch getragen werden. Hierbei darf nicht das Reinigen, Saubermachen aller Kochgegenstände, des Geschirrs und des Saals unerwähnt bleiben, was mitunter die meiste Zeit in Anspruch nahm.
Nicht länger als zwei Stunden Arbeit, dafür anstrengend und schwer, doch man konnte nach jedem Arbeitstag zufrieden und mit gutem Gewissen die Küche verlassen. Trotz Sprachbarriere war es eine sehr erfüllende Arbeit.
Leo's Eindrücke von Riga
Abstecher nach Liepaja
Im Februar war ich für knapp einen Monat in Liepaja, einer Küstenstadt ganz im Westen Lettlands, wo ich in der katholischen Schule sowie im Kloster mitgeholfen habe.
In der Schule gab ich täglich meine Sport AG (Sportclub) für Kinder, die über den Nachmittag bis in den frühen Abend in der Schule bleiben mussten. Außerdem hielt ich Präsentationen über mein Heimatland, was von Seiten der Schüler auf großes Interesse stieß. Ich half im Kunst-, Englisch und Deutschunterricht und arbeitete in der Schulbibliothek. Ich verständigte mich auf Englisch und arbeitete mit Schülern im Alter von 6 bis 15 Jahren. Hervorzuheben ist hierbei der Tagesauflug nach Riga, bei dem wir unsere Partnerschule und das Stadtmuseum besuchten.
Meine Freizeit
Große Freude hatte ich jeden Sonntag beim Singen im Kirchenchor der St. Maria Magdalenen Kirche, dem Mittagessen mit den Schwestern und dem abendlichen Gottesdienst im Kloster.
Unsere freie Zeit nutzte ich gemeinsam mit den beiden anderen Praktikantinnen Emelie und Anna Maria, um gemeinsam unterwegs zu sein. Wir bereisten das ganze Baltikum, besuchten die Praktikant/innen in Schweden und trafen uns oft mit den FSJlern und Praktikant/innen aus dem deutschen Kindergarten, um Riga bei Tag und Nacht zu erkunden.
Mein Lettisch
In den Monaten habe ich regelmäßig versucht, meine erworbenen Lettischkenntnisse aus dem Sprachkurs etc. anzuwenden, was natürlich nie perfekt geklappt hat. Nichtdestotrotz nahm ich öfters positive Resonanzen bei den Lette/innen wahr. Es war mir wichtig, Sprachbarrieren zu überwinden und Respekt gegenüber den Menschen und der Landeskultur zu zeigen. Jedoch konnte ein Miteinander im Arbeiten und Austausch auch ganz anders vonstatten gehen, wie die Arbeit im Tageszentrum für junge Menschen mit Mehrfachbehinderung gezeigt hat.
Katholische Kirche & Glauben in Lettland
Meine Erwartungen an das Praktikum basierten auf dem Wunsch, in verschiedene pädagogische Bereiche Einblicke zu erhalten, wie die Menschen in Lettland ihren katholischen Glauben leben und mehr über die Arbeit der Kirche in der Diaspora zu erfahren.
Die lettische Geschichte der letzten hundert Jahre hat mich dabei sehr betroffen gemacht. Beeindruckend für mich war auch, wie die jungen Menschen in Riga und Liepaja ihren katholischen Glauben leben und wie überzeugt sie ihren christlichen Glauben vertraten. Darüberhinaus nahm ich die katholischen Gemeinden als engagiert, offen und jung wahr: Besonders das Singen der Lieder während der heiligen Messe bewegte mich jedes Mal. Die Einladung zum Singen im Kirchenchor der katholischen Gemeinde von Riga habe ich als sehr freundliche Geste der Menschen dort wahrgenommen. Allen war das Treffen nach den Gottesdiensten im Kreise der Gemeindemitglieder wichtig. Man tauschte sich bei Kaffee und Kuchen aus.
Bonifatiuswerk in Lettland
Blogeinträge und Reflexionsgespräche ermöglichten uns Praktikant/innen einen steten Bezug zum Bonifatiuswerk, das auch manchmal durch das Aufleuchten eines gelben "BONI-Busses" auffiel. Die Menschen in ihren kleinen Gemeinden verbanden mit dem Bonifatiuswerk jederzeit positive Erfahrungen. Von diesem Image konnte ich als Praktikant profitieren.
Mein persönlicher Rückblick
Während meiner ersten zwei Monate war ich in fünf verschiedenen sozialen Gruppen tätig. Ich empfand nach einiger Zeit diese Vielfalt als zu oberflächlich in den Kontakten und unverbindlich. In einem Gespräch mit Schwester Hannah klärte sich dieses Unbehagen. Sie gab mir die Kraft und den richtigen Impuls im richtigen Moment, damit ich mich neu orientieren konnte.
Das letzte halbe Jahr hat mich in meinem Selbstbewusstsein und meiner Wahrnehmung gestärkt, dadurch, dass ich viele neue Erlebnisse und Erfahrungen gemacht und Herausforderungen alleine und in der Gruppe gemeistert habe. Vor allem bin ich sehr dankbar für die Begegnungen und für viele freundliche Gesten und Gespräche.