Unglaublich wie schnell die Zeit verfliegt!
Vor über einem Jahr habe ich mich entschlossen nach Norwegen zu gehen und nun sitze ich hier und muss schon meinen Abschlussbericht schreiben.
Wenn ich glücklich an alles Erlebte zurück denke, gibt es doch so viel, was ich erzählen könnte. Trotzdem kommt mir die Zeit so verdammt kurz vor. Auf die oft gestellte Frage wie meine Zeit dort war, lassen sich viele Antworten und Geschichten finden. Dabei geht aus allen insbesondere eine Sache hervor:
Ich habe jetzt zwei Zuhause.
Bergen
Der Start
Als ich am Tag meiner Abreise ins Flugzeug stieg, hatte ich schon oft erzählt bekommen, was mich etwa erwarten würde und wie wohl meine Aufgaben aussehen könnten. Doch man, was war ich nervös! „Ob wohl alles so wird wie erwartet? Werde ich die Sprache lernen können? Und wie ist es dort überhaupt wirklich?“ Letztendlich weiß man ja doch nie ganz was einen erwartet, wenn man aus dem Flugzeug steigt. Ich war zwar schon sehr oft im Urlaub, größtenteils in Schweden, aber eben auch in Norwegen gewesen und kannte die Kultur bereits etwas, dennoch war es etwas ganz anderes dort zu wohnen. Gelandet bin ich in Bergen, wo ich die letzten 10 Monate in der Pfarrei St. Paul verbracht habe. Bergen ist mit seinen rund 280.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Norwegens und liegt in der traumhaften Fjordlandschaft der Westküste.
Ein Zuhause
Gewohnt habe ich in dem Kloster der Chorherren, mitten in der Stadt. Hier lebten mit mir und den anderen Praktikanten auch Dom Lukas und Dom Alois und durch den sehr herzlichen Umgang miteinander in unserem WG-Alltag, fühlte sich das Kloster schnell wie ein richtiges Zuhause an. Wo wir am Anfang von „Ich gehe eben zurück zum Kloster“ sprachen, wurde somit sehr schnell „Ich gehe eben nach Hause“ gesagt. Die Haussprachen waren Norwegisch und Deutsch, wodurch es keine Verständigungsprobleme gab, sondern uns Praktikanten immer gerne und gut dabei geholfen wurde, die neue Sprache zu erlernen. Wirklich super waren die gemeinsamen Abende und die gemeinsamen Unter-nehmungen. Diese konnten alles Mögliche beinhalten. Von Spieleabenden und Unter-haltungen abends im Salon, über gemeinsames Lasertag spielen, bis hin zu gemeinsamen Touren, z.B. nach Rom oder Ålesund.
Die Arbeit
Gearbeitet habe ich im St. Paul Gymnas, der St. Paul Grunnskole und der Pfarrei, welche alle zu dem Kloster gehören.
Die Arbeit an dem Gymnas bestand für mich zum einen aus Büroarbeit, das heißt hauptsächlich Administrationstätigkeiten um Lukas zu unterstützen. Ich habe z.B. die verschiedenen Schüleraustausche vorbereitet, mich um Verzeichnisse und Listen gekümmert, Schulmessen oder auch Tage der offenen Tür vorbereitet und Ähnliches, was an einer Schule so anstehen kann. Zum anderen hatte ich auch aktivere Aufgaben, wozu Vertretungs-stunden, Klausuraufsichten und die Mithilfe in manchen Unterrichtsstunden gehörten. Eine der natürlich besten Aufgaben war das begleiten der Schüleraustausche und Sprach-reisen.
Grunnskole
An der Grunnskole habe ich die Deutschlehrerin beim Unterrichten der Mittelstufe unter-stützt, was mir wirklich großen Spaß gemacht hat. Im Deutschunterricht habe ich in der Vor- und Nachbereitung, sowie im Unterricht geholfen und durfte sogar ganze Unterrichtsstunden alleine übernehmen. Mein absolutes Highlight war, dass ich bei der mündlichen Vorabiprüfung als Zensor eingesetzt wurde und mithelfen durfte, alle anfallenden Klausuren vorzubereiten und auch mit zu korrigieren. Außerdem durfte ich eine Klassenfahrt begleiten und habe mit den anderen Praktikanten die Schulkantine geleitet. Durch das Leiten der Schulkantine bekam ich einen wirklich guten Kontakt zu den verschiedenen Stufen, über welchen ich sehr glücklich bin. Es ist schön zu merken wie sich Schüler freuen einen zu sehen, was einen wirklich in dem Land ankommen lässt.
Pfarrei
In der Pfarrei habe ich ein Bisschen beim Konfirmandenunterricht geholfen und mit einigen Ministranten eine Fahrt nach Wien zu einem großen Kloster der Chorherren gemacht. Es war eine wirklich fantastische Tour. Als Lukas mir eröffnete, dass ich dort als einziger Leiter mitfahren würde, war dies eine der Aufgaben, bei der man sich als erstes denkt „Oh man, wie soll ich das bloß schaffen?“. Genau dies ist eine der zwei Sachen, welche die Arbeit hier nie langweilig werden ließ. Man wurde stets etwas über seine Grenzen gebracht und wuchs mit jeder Aufgabe. Die Zweite Sache war die Abwechslung, welche einfach dafür sorgte, dass ein gutes Gleichgewicht zwischen Büro- und Aktivarbeit herrschte.
Sehr spannend fand ich es auch, die norwegische katholische Kirche kennen zu lernen, welche sich doch in einigen Punkten von der Deutschen unterscheidet. Beispielsweise kam sie mir traditioneller, und etwas strenger vor. Wirklich interessant ist die Gemeinde, welche aus Menschen verschiedenster Nationalitäten besteht, sodass es an Sonntagen oft 7 Messen auf unterschiedlichsten Sprachen gibt. Es war sehr spannend zu sehen, wie Menschen unterschiedlichster Kulturen in einer traditionellen Kirche zusammen leben und sie prägen.
SALT, Natur, lange Nächte und eine neue Sprache
Meist hatte ich ab ca. 15 Uhr und am Wochenende Freizeit, welche ich nach Belieben gestalten konnte. Um ein bisschen Bewegung in den Tag zu bringen, hat sich als großes Hobby schnell der Besuch im Fitnessstudio herausgestellt. Dort habe ich auch immer wieder Lehrer oder Schüler getroffen.
Den größten Teil meiner Freizeit nutzte ich jedoch dafür, die traumhafte Natur Norwegens zu genießen. Ich unternahm immer wieder Touren, unteranderem auf die 7 Stadtberge Bergens und kaufte mir Skier, um den langen Winter auszukosten. Zu meinen aufregendsten Erlebnissen gehörten eine Rafting Tour, eine Mehrtagestour zur Trolltunga und eine Tiefschneewanderung über eine nahe Hochebene. Man muss sich einfach in die Natur Norwegens mit ihrer umwerfenden Schönheit und Härte verlieben.
Neben den super Reisen mit Lukas oder den Treffen mit andren Praktikanten bei uns, ihnen und sogar in Tromsø, durch welche man Land und Leute kennenlernen konnte, war mir nicht nur die Verbindung zu der Landschaft Norwegens wichtig, sondern auch zu den Menschen.
Daher wurde die Jugendkirche SALT für mich ein wichtiger Bestandteil meiner Zeit hier. Dies ist eine christliche Jugendkirche, in welcher wir zusammen Messen feierten, uns wöchentlich in kleinen Kreisen zum Beten und anschließendem Fußball gucken oder Volleyball spielen trafen und in der ich schnell gute Freunde fand. Stellte das Norwegisch zu Anfang noch eine Sprachbarriere für mich dar, so war dies schnell kein Hindernis mehr. Durch einen Norwegischkurs und das wöchentliche Üben mit Lukas, Marius, bei der Arbeit oder mit Freunden konnte ich die Sprache schnell erlernen, sodass es am Ende möglich war problemlos auf Norwegisch zu kommunizieren und ich sogar eine Sprachprüfung auf B2-Niveau ablegen konnte.
Alle meine Erwartungen sind übertroffen worden und aus einem Urlaubsland ist ein Heimatland geworden, anders lässt es sich einfach nicht sagen.
Nun, wo ich in einem Bericht mein ganzes Jahr reflektieren soll wird mir nur noch einmal klar, wie sehr ich selbst durch dieses Jahr gewachsen bin. Ich spreche nun eine neue Sprache und habe so einige Hürden gemeistert, vor welchen ich früher zurückgeschreckt wäre.
Vielen Dank Lukas für ein traumhaftes Jahr bei dir und an alle anderen, die mein Jahr in Bergen geprägt haben.
Danke natürlich auch an das Bonifatiuswerk, welches diesen Aufenthalt erst ermöglicht hat.