Die ersten fünf Monaten in Schweden

Patrick Vitt
Patrick Vitt

Hej zusammen,

 

das neue Jahr ist schon angebrochen und mir wird bewusst, dass ich schon knapp über ein halbes Jahr hier oben in Uppsala bin. Somit wird es Zeit, dass ich ein bisschen über die ersten fünf Monate reflektiere. Ich habe meine Erwartungen an mein Praktikum damals so formuliert:

 

„Ich möchte über den Tellerrand hinausschauen, neue Erfahrungen sammeln und Kirche mal anders erleben.“ Haben sich diese Erwartungen nach einem halben Jahr „erfüllt“? Ich würde die Frage mit einem klaren „Ja“ beantworten. In diesen fünf Monaten konnte ich schon viel erleben.

Neue Erfahrungen konnte ich in den letzten Monaten reichlich sammeln, was die letzten Blogeinträge hoffentlich zeigen. Da war z.B. die Arbeit im Second-Hand-Shop „Erikshjälpen“, indem ich einmal die Woche als Praktikant war. Die Idee der „Erikshilfe-Second-Hand-Geschäfte“, die 1990 gegründet wurden und schon über 50 Filialen in Schweden haben, wird in einem Flyer so beschrieben:

 

„Unsere Idee ist durch Verkauf von geschenkten Second-Hand-Waren Mittel für soziale und humanitäre Einsätze via Erikshjälpen und ihre Arbeitspartner zu erzeugen.“

 

Eine einfache, aber großartige Idee. Der Name geht auf Erik Nilsson (1929-1966) zurück, der an einer Blutkrankheit litt. Er zog sich aber deshalb nicht in ein Schneckenhaus zurück, sondern begann „Grüße und Geschenke an andere Kinder zu versenden um sie aufzumuntern.“ Das Ziel der Erikshjälpen besteht darin, „das Kinder und Familien die in Armut und Isolierung leben eine Möglichkeit bekommen sich zu entwickeln und auch selber aktiv ihre Gesellschaft zu verbessern.“ Soweit der kleine Abstecher zum Hintergrund des Second-Hand-Shops.

 

Meine Hauptaufgaben waren die Arbeit an der Kasse und später dann auch im Café. Das bedeutete natürlich, dass ich u.a. sprachtechnisch gesehen erstmal ins kalte Wasser geschmissen wurde, was aber sehr gut für mich war. Neben dem Eintippen der Ware und dem Ausgeben von Kaffee und Zimtschnecken, werden mir vor allem die Menschen dort in Erinnerung bleiben: Die freiwilligen Mitarbeiter, die Kunden (junge wie alte), mit denen ich ab und zu auch ein nettes und freundliches Gespräch geführt habe, oder die Kinder, die mir (Stolz wie Oskar) ihr Spielzeug neben die Kasse gelegt haben, damit ich es abrechnen konnte. Während ich das hier schreibe kommen konkrete Situationen und auch Emotionen in mir hoch und ich bin dankbar für diese Arbeit, auch wenn ich sie vielleicht (zugegebener Weise) nicht immer mit der gleichen Motivation gemacht habe.

Das Newmaninstitut ist mein Hauptbetätigungsfeld als Praktikant. Hier fallen die typischen Aufgaben eines Praktikanten an: Für das Café einkaufen und es sauber halten, Prüfungsaufsicht führen, die Post holen und verteilen. Ich bin auch Küster in der Sakristei in der kleinen Kapelle (diesen Job werde ich glaub ich nie los, aber ich mache ihn gerne ;-)).

 

Daneben kann es aber auch mal passieren, dass ich im Wald stehe, um den Weg freizumachen oder um mitzuhelfen einen Tannenbaum für die Kirche zu organisieren. Den Wald als Arbeitsort kannte ich bisher nur vom Hauberg (der Begriff kann gerne gegoogelt werden) oder vom Schwarzwald. Das Institut ist aber nicht nur mein Praktikums-, sondern auch mein Studienort. Es ist für mich als Theologiestudent interessant den theologischen Horizont hier zu erweitern und es sind interessante und gut gestaltete Vorlesungen, die ich gehört habe bzw. noch höre.

Neben diesen Aufgaben als Praktikant gibt es da aber noch die Freizeitaktivitäten mit den Mitpraktikanten: Sei es der Opernbesuch in Stockholm, die traditionelle Freitags-Fika oder das sonntägliche Kochen am Abend. Wir sind eine gute Truppe, die ich nicht missen möchte. Am Donnerstagabend steht die Studentengruppe (die schwedische KHG) im Kalender. Es ist ein guter Ort, um andere junge Studenten zu treffen, gemeinsam was zu machen und so eine Gemeinschaft zu bilden.

Hier in Schweden konnte bzw. kann ich auch die Kirche anders erleben, als ich sie von meiner Heimat aus kenne. Ein besonderer Aspekt bildet hier die ökumenische Seite. Ich feiere (fast) jeden Mittwoch den „Communion Service“, den Gottesdienst der evangelisch-lutherischen Studierendengemeinde, in der Kirche „Heilige Dreifaltigkeit“ mit. Für mich ist das wichtig, weil mir zum einen die Form der Feier sehr gefällt (sie ist schlicht, auf das Wesentliche konzentriert und führt zum Kern) und weil ich zum anderen so ein Stück Ökumene leben kann, wenn ich schon in einem Land bin, wo die schwedisch-lutherische Kirche die größte Konfession bildet. Ökumene heißt für mich, die andere Konfession kennenlernen, indem ich Gottesdienste mitfeiere und ins Gespräch komme.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich dankbar für das erste halbe Jahr hier in Schweden bin und gespannt auf die nächsten Monate schaue.

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