Dezember in Oslo,
Katholische Kirche im Kleinen?
Monat drei in Oslo ist verflogen und wir steuern geradewegs auf Weihnachten zu. Die ganze Stadt ist in schöne Lichter getaucht und durch die letzten frostigen Wochen mit zugefrorenen Gewässern, ganz viel Backen und am 1. Dezember, dem Basar, der zum Tag der offenen Tür des Klosters gehört, bin ich auch schon ganz schön in Julestemning/Weihnachtstimmung gekommen.
Seit mehr als einer Woche liegt nun endlich Schnee in der Stadt und wir alle finden, dass das Oslo noch einmal ein ganz anderes Gesicht gibt. Am vorigen Donnerstag sind Hedwig und Jule – die zwei PIN Volontäre aus Dänemark für ein paar Tage vorbei gekommen. Es war schön, ihnen die Stadt zeigen zu können und durch verschneites Gelände zu stapfen.
Ein letztes Projekt das mir besonders am Herzen lag ist nun auch beendet, der Kinderchor aus der Gemeinde St. Johannes hatte seine große Aufführung nach der Mittwochsmesse. Die sechs- bis elfjährigen sind mir über die Monate echt ans Herz gewachsen und trotz ihrer wilden, unruhigen Art ist das Konzert gut gelungen. In St. Johannes aktiv zu sein ist für mich sowieso eine wirklich tolle Möglichkeit zu erleben, wie Kirche hier im kleinen toll funktionieren kann. Für die Katechesekinder der Gemeinde wird im Februar eine Firmfahrt stattfinden, die ich als Teamer begleiten darf. Das möchte ich nun gerne als Anlass nehmen mal ein bisschen mehr über das katholische Leben in Norwegen zu berichten:
Klar habe ich erwartet dass ich durch das wohnen im Kloster eine ganz andere christliche Gemeinschaft kennenlernen würde als ich sie aus meiner Heimatgemeinde und Kindheit kenne. Aber das die Unterschiede auch in den drei Kirchengemeinden der Stadt so zu spüren sein würden habe ich nicht geahnt.
Was mich schon in meiner ersten Hochmesse beeindruckt hat war die Anzahl an Kirchengängern. Natürlich ist die hier höher, drei Gemeinden für ganz Oslo, da kommen einige Menschen zusammen! Dennoch ist es einfach ein schönes Gefühl mit so vielen Menschen gemeinsam zu feiern.
Als zweites fällt natürlich die Kulturvielfalt ins Auge, allein in St. Johannes gibt es jeden Sonntag sechs Messen auf unterschiedlichen Sprachen. Und in der katholischen Schule findet z.B. zusätzlich zum norwegischen auch vietnamesischer Katecheseunterricht statt. Am meisten begeistert an der kleinen großen Kirche in Norwegen haben mich aber glaube ich die Jugendlichen. Und die, die ständig neue Aktionen für sie auf die Beine stellen.
Die Jugendgruppe in St. Johannes ist ein Treff, besonders um sich zu sehen und zusammen Spaß zu haben, aber durch gut organisierte und von den Jugendlichen selbst geleitet Themenaktionen auch Raum um neues zu lernen. Den Jugendlichen ist dabei (und das gefällt mir so gut) gelungen auch Platz für gemeinsames Beten zu finden. Das hat dann nichts steifes, aufgezwungenes an sich sondern eine ganz eigene junge Dynamik. Die Abschiedsgebete drücken oft Dankbarkeit und den Wunsch allen Anwesenden Kraft mit in die nächste Woche zu geben aus. Da gibt es aber auch Tischgebete die kurz und knackig sind, weil alle hunger haben und dennoch hat man das Gefühl, dass alle zusammen einmal kurz innehalten. Sicherlich trifft das nicht auf alle der jungen Katholiken zu aber von manch einem hört man, dass diese Community ihnen sehr viel gibt. Das spürt man zum Beispiel auch an den NUK- Fahrten bei denen Teilnehmer und Teamer aus ganz Norwegen anreisen. Lenja hat die ganze Atmosphäre ziemlich gut auf den Punkt bringen können: „es ist verrückt diese aufgedrehten Kids zu sehen und am Abend sitzen die alle zusammen wie verändert in der Kapelle“, stimmte sie mir einmal zu.
Was ist mir noch so aufgefallen? Das Vaterunser! - Übersetzt sagt es natürlich das selbe aus, aber die Melodie ist leicht verändert und man hört es hier viel häufiger als ich das von Zuhause kenne. Das liegt daran, dass in St. Johannes beispielsweise nach jeder Messe mehrere Ave Marias und ein Vaterunser zur Marienstatue hin gesprochen werden. Mir gefällt das gut und auch dass es häufig Rosenkranzgebete gibt sogar auf verschiedenen Sprachen - bei dem ich nun schon einmal das deutsche Gebet übernommen habe. Wodran ich mich immer noch nicht gewöhnt habe, das sind die vielen lateinischen Gesänge. Kirche wirkt hier für mich wieder wie eine richtige Gemeinschaft und ich hoffe dass ich davon nächstes Jahr vielleicht auch ein bisschen was mit nach Deutschland bringen kann.
Etwas, was weniger mit Ritus und Gemeinschaft zu tun hat sind die Kirchen- und Kapellenräume. Teilweise vermisse ich das nach Jahrhunderten aussehende Kirchenschiff meiner Gemeinde in Köln. St. Johannes war beispielsweise früher eine evangelische Gemeinde und über eine Kirche in Hønefoss sagte meine Mitvolontärin Iris, dass sie mehr wie ein Wohnzimmer wirkt, mit ihren weißen Wänden. Andererseits begegnen uns hier ziemlich häufig helle kirchliche Räume. Mit Glasfenstern hinter dem Altar und der Möglichkeit auf einen See oder mitten in Wälder zu blicken – ich muss zugeben das mich das verzaubert und eine ganz andere Atmosphäre fürs gemeinsame Gebet auslöst.
Für mich ist die norwegische katholische Kirche sehr einladend gewesen, es lohnt sich also mal in einem Osloer Gottesdienst vorbei zu schauen falls man sich in der Stadt umtreibt. ;)
- Verschneite Grüße aus Oslo von Ricarda