Bevor ich nach Kopenhagen kam, um für "Danmarks Unge Katolikker" und am Niels Steensens Gymnasium zu arbeiten, wusste ich nicht so wirklich, was ich zu erwarten hatte. Jetzt, etwas mehr als ein halbes Jahr später, habe ich mit Sicherheit nicht alles erleben können, was der DUK (ich bin übrigens immer noch nicht sicher, welchen Artikel ich dem Verband geben soll, der, die oder gar das DUK?) für jeden einzelnen bedeutet. Aber ich konnte auf jeden Fall einen Einblick in die Arbeit erhalten, die die jungen Katholiken, sowohl hauptamtlich Angestellte, als auch Freiwillige, jeden Tag verrichten.
Freizeit auf dänisch
Nach meiner ersten Woche in Dänemark wurde ich direkt auf eine Wochenendfahrt zur Vorbereitung auf die Erstkommunion geschickt. Meine Dänisch-Sprachkenntnisse waren praktisch noch nicht existent und ich kannte eigentlich keinen der Leute, die mitfuhren, weder die anderen Freiwilligen, noch die Kinder, ich wurde also ins kalte Wasser geworfen.
Aber ich hatte keine Momente, in denen ich das Gefühl hatte, mich unwohl zu fühlen oder fehl am Platz zu sein, weil ich immer mit offenen Armen willkommen geheißen wurde und Hilfe bekam, wo ich sie brauchte, zugegebenermaßen meistens sprachbezogen. Kinder interessiert das ja auch oft nicht so wirklich, wo man denn jetzt herkommt und ob man die Sprache spricht, also musste ich es ab und an einfach über mich ergehen lassen, zugetextet zu werden, ohne irgendetwas zu verstehen. Aber sogar an diesem ersten Wochenende hatte ich schon kleine sprachliche Erfolgserlebnisse, z.B. dass ich einem Kind, das mich nach der Uhrzeit gefragt hatte, eine Antwort geben konnte, die es sogar verstand! Diese positiven Situationen wiederholten sich in den kommenden Wochen und wurden mehr und mehr. Insgesamt fuhr ich auf je zwei Erstkommunions- und Firmvorbereitungen und lernte dort auch viele der Leute kennen, die den DUK ausmachen und ihn Leben geben. Darüber hinaus bekam ich die Möglichkeit, als erster Außenstehender an einem Treffen des Vorstandes teilzunehmen, bei dem ich dann die administrativen Grundlagen für die praktische Arbeit, die ich davor hauptsächlich mitgemacht hatte, kennenzulernen.
Starker Zusammenhalt in der Kirche
In meiner Zeit, bevor ich nach Kopenhagen ging, hatte ich oft gehört, dass die katholische Kirche in Skandinavien zwar klein und eher arm, dafür aber jung und lebendig sei. Alles, was ich im Büro des DUK, auf den Fahrten an Wochenenden und in der Kirche erlebt habe, bestätigt das. Das Gefühl von Gemeinschaft fühlte sich extrem stark an für mich, obwohl oder vielleicht auch weil es eben so wenige Katholiken gibt.
Glaube, der Gemeinschaft schafft
Der größte Unterschied zwischen dem DUK und jeder anderen katholischen Jugendorganisation, die ich aus Deutschland kenne, ist direkt verknüpft mit dem Unterschied in der Anzahl an Gläubigen. In Deutschland haben wir etwa 28% Katholiken und das Land ist auch flächenmäßig wesentlich größer als Dänemark. Daher arbeiten Jugendverbände in regionalen Gruppen und Organisationen, wohingegen es in Dänemark mit etwa 1% Katholiken die einzig sinnvolle Lösung, um gute Arbeit mit Jugendlichen durchzuführen, ist, überregionale Veranstaltungen und Gruppen zu planen. Daher sind z.B. die Sommerlager eben auch für Kinder und Jugendliche aus dem ganzen Land und nicht regional beschränkt, weil es sonst gar nicht möglich wäre, genügend Teilnehmer zusammenzubekommen. Das Resultat davon ist, dass der DUK Menschen aus den verschiedensten Familien, Städten, Gesellschaftsschichten und ethnischen Hintergründen (nur etwa 10-15% der dänischen Katholiken sind ethnisch dänisch/haben dänische Vorfahren) zusammenbringt und das einzig Offensichtliche, was all diese jungen Leute gemeinsam haben, ist ihr Glaube. In den gemeinsamen Aktivitäten oder Messen treten alle diese Verschiedenheiten in den Hintergrund und es geht nur noch darum, gemeinsam zu feiern und eine gute Zeit zu verbringen. Es ist ein Paradebeispiel dafür, dass Religion so wichtig für Menschen ist, sie vereinigt die Leute und erschafft Gemeinschaft, und das ist genau das, was ich beim DUK erleben durfte.
Deutsche Lektüre an dänischer Schule
Den zweiten Teil meiner Arbeit verrichtete ich am Niels Steensens Gymnasium in Kopenhagen, praktischerweise im gleichen Gebäude wie meine Unterkunft und das Büro des DUK befindlich. Dort half ich in allen Altersgruppen von der sechsten bis zur zwölften Klasse im Deutschunterricht mit. Entsprechend der unterschiedlichen Sprachkenntnisse je nach Alter war natürlich auch der Unterricht komplett unterschiedlich. Während ich bei den jüngeren Klassen z.B. Aussprache korrigierte oder ab und zu sehr langsam etwas über Deutschland erzählte, konnte ich bei den älteren teilweise alleine Unterricht mit dem halben Kurs machen und Kurzgeschichten von Heinrich Böll analysieren.
Das Niels Steensens ist ein Gymnasium in jesuitischer Trägerschaft, allerdings ist von einem katholischen Schwerpunkt eher weniger zu sehen, was v.a. daran liegt, dass der Anteil an katholischen Schülern eben auch nur bei 10-15% liegt (wo sollen auch so viele katholische Kinder und Jugendliche herkommen bei einem derart geringen prozentualen Anteil in der Gesellschaft?). Allerdings ist die jesuitische Handschrift in der Arbeit mit den Schülern deutlich zu erkennen. Ich habe selbst acht Jahre lang ein jesuitisches Gymnasium besucht und die vermittelten Werte und Fähigkeiten wie Selbstreflexion, Eigenverantwortung und Respekt gegenüber seinen Mitmenschen erinnerten mich dann doch sehr an meine eigene Schulzeit.
Die Freizeit genießen
Neben der Arbeit blieb natürlich auch noch ausreichend Zeit, andere Praktikanten zu besuchen und generell etwas mehr von Dänemark und Skandinavien zu erkunden. So war ich z.B. über Himmelfahrt bei Maria in Uppsala und im Mai bei Martin und Tobias in Bergen. Meine geplante Tour durch ganz Dänemark (am liebsten natürlich mit dem Fahrrad) konnte ich zwar leider nicht mehr realisieren, allerdings werde ich das mit Sicherheit noch demnächst nachholen.
Mittlerweile voll im Studium angekommen vermisse ich die Freiheiten und Möglichkeiten, die ich in meiner Zeit in Kopenhagen genossen habe, natürlich schon sehr. Durch das Praktikum habe ich die Chance bekommen, jeden Tag etwas neues zu erleben in einer Umgebung, in der ich mich von Anfang an wohlfühlen konnte und stets das Gefühl hatte, ein zweites Zuhause gefunden zu haben. Lang kann es also nicht mehr dauern, bis ich zurückkomme, nicht zuletzt, weil noch zwei Taschen von mir in Kopenhagen stehen, so ganz abgereist bin ich also noch nicht.