Ich habe während meines Praktikums in Schweden weder Elche getroffen noch Nordlichter gesehen. Zwei Erlebnisse, mit denen ich vorher (naiv wie ich vielleicht war) garantiert gerechnet hätte. Wieso meine zehn Monate im Norden trotzdem wunderschön waren, möchte ich jetzt in meinem Abschlussbericht erzählen.
Meine erste Praktikumsstelle war im Gästehaus der Birgittaschwestern in Vadstena. Das Haus steht an einem für die Katholiken in Schweden wichtigen Ort und so kommen Menschen aus ganz Skandinavien dorthin, um Ruhe zu finden und ihren Glauben zu stärken.
Als Praktikantin übernimmt man dort hauptsächlich praktische Aufgaben wie das Vorbereiten der Zimmer für neue Gäste, das Zubereiten des Frühstücks und alles andere, was sonst noch so anfällt. Diese Aufgaben klingen zwar am Anfang eher langweilig und eventuell eintönig, aber wenn man in Vadstena ist, die Leute dort kennen lernt und mit ihnen zusammen arbeitet, machen selbst alltägliche Arbeiten unerwartet viel Spaß! Zu unseren Aufgaben gehörte auch das Backen für den Kirchenkaffee und die tägliche Fika. Zu meinem Glück backt auch Lioba so gerne wie ich, sodass selten ein Tag verging, an dem wir nicht wenigstens eine Dose Kekse gebacken haben.
Ein Highlight in Vadstena waren definitiv die „Nordischen Jugendtage“ direkt an meinem ersten Wochenende, die mir auch einen ersten Einblick in die Spiritualität der jungen Katholiken Skandinaviens ermöglicht haben. Mit Workshop-Themen wie „Beweise meiner Berufung zum Priester“ oder „Ignatianische Spiritualität“ hätte ich bei einer Veranstaltung speziell für junge Menschen nicht gerechnet und auch die Marienprozession quer durch die Stadt hat mich sehr überrascht. Wenn ich ehrlich bin, denke ich nicht, dass sich in Deutschland so viele Jugendliche zu einem solchen Programm angemeldet hätten.
Unvergessliche Erlebnisse
Besonders war auch der Fernsehgottesdienst Ende September. Einmal wortwörtlich hinter die Kulissen zu schauen, den Stress mitzubekommen, aber auch die lustigen und schönen Momente zwischendurch und dann im Gottesdienst als Messdienerin dabei zu sein, damit habe ich nicht gerechnet, als ich weniger als einen Monat vorher nach Vadstena aufgebrochen bin.
Meine Lieblingsmomente waren aber Weihnachten und Ostern: Beide Feste habe ich im Gästehaus verbracht nur mit Leuten, die ich in Schweden kennen gelernt habe. Aber durch die herzliche und irgendwie auch familiäre Stimmung, die dort herrscht, waren die beiden Feste auch ohne meine Familie wunderschön. Weihnachten durften Lioba und ich zum Beispiel in der Christmette zusammen mit den Schwestern in die nur von Kerzen erhellte Kirche einziehen, ein Moment und auch ein Gefühl, das ich so schnell nicht vergessen werde.
Zweite Hälfte in Uppsala
Mitte Januar bin ich nach Uppsala gewechselt, wo nochmal ganz andere Aufgaben und Menschen auf mich warteten. Ich arbeitete insgesamt bei drei verschiedenen Stellen, die ziemlich unterschiedlich waren, was mir aber wirklich gut gefallen hat! An zwei Tagen der Woche habe ich am Mötesplats („Treffpunkt“) der Caritas in Stockholm gearbeitet. Einwanderer und Flüchtlinge bekommen dort Hilfe (sei es in rechtlichen Belangen oder einfach nur durch Zuhören, wenn sie von ihren Erlebnissen berichten), ganz ungeachtet ihrer Herkunft oder Religion. Dort habe ich das Frühstück vorbereitet und am Schwedischunterricht teilgenommen. Manchmal durfte ich dort sogar selber unterrichten, was immer total spannend, aber auch aufregend war! Einmal pro Woche habe ich im Erikshjälpen Second-Hand-Shop an der Kasse gearbeitet. Diese Arbeit hat mein Schwedisch enorm verbessert und ich habe viele Small Talk Vokabeln gelernt. Die anderen zwei Tage habe ich bei Anna Nick im Newman-Institut verbracht. An dieser - in Skandinavien einzigen - katholischen Hochschule habe ich hauptsächlich in der Bibliothek gearbeitet, also ganz viele Bücher katalogisiert, hatte aber auch Aufgaben, die ich schon aus Vadstena kannte: das Gästezimmer vorbereiten oder bei Vorträgen Kaffee kochen und Kuchen vorbereiten. Bei einer Fika in der hauseigenen Cafeteria hatte man auch immer die Möglichkeit, sich mit den Studenten, Jesuiten und anderen Mitarbeitern auszutauschen.
Aber auch in Uppsala habe ich nicht nur gearbeitet. Ich habe wieder im Kirchenchor gesungen, mir zusammen mit Anna Ukulele beigebracht und mit den anderen Praktikantinnen Magda und Steffi Cafés bezüglich ihrer Kuchenangebote „getestet“. Wir waren im Ballett und in der Oper, haben Ausflüge nach Öregrund und nach Ängskär unternommen, waren bei Allsång på Skansen, ….
Während meines Praktikums hatte ich die Möglichkeit, die katholische Kirche in Schweden an unterschiedlichen Orten und aus verschiedenen Perspektiven zu erleben. Während der Gottesdienst eher traditionell gefeiert wird (viele Gesänge und Gebete auf Latein), spielt das Traditionsbewusstsein der Kirchenmitglieder ansonsten eher eine geringe Rolle. In Schweden ist man Katholik aus persönlicher Überzeugung; viele sind zum Beispiel erst als Erwachsene konvertiert. Das so entstehende Gemeinschaftsgefühl wird besonders in den sonntäglichen Kirchenkaffees gefördert, sodass diese auch manchmal als das „achte Sakrament“ bezeichnet werden.
Also, auch wenn ich keine Nordlichter und Elche gesehen habe war mein Praktikum unglaublich schön. Was in dieser Zeit für mich einmalig war, das waren die Leute, die ich in Schweden kennen lernen durfte, allen voran die anderen Praktikanten und meine Mentorinnen Anna und Schwester Monika, mit denen ich so viele lustige und schöne Momente erleben konnte, aber auch alle anderen, die ich bei Kirchenkaffees, auf der Arbeit oder bei Ausflügen getroffen habe.
Deswegen ein riesiges Dankeschön an alle, die mein Jahr zu einer so tollen Erfahrung gemacht haben!