Nach meinem Abitur ein Jahr im Ausland zu verbringen war schon immer mein Wunsch gewesen. Die neugewonnene Freiheit in vollen Zügen auskosten und die Möglichkeit nutzen meinen Horizont zu erweitern und neue Dinge und Orte zu entdecken. Doch es sollte nicht Australien, Neuseeland oder die USA sein. Obwohl, oder vielleicht auch gerade weil ich erst einmal zuvor in Skandinavien war, reizte mich der hohe Norden besonders. Jedoch wollte ich nicht nur ein paar Wochen Urlaub dort verbringen, sondern mit Einheimischen Kontakt haben, mit ihnen zusammen zu leben und dadurch Skandinavien auf eine andere und meiner Meinung nach auch echtere Weise kennenlernen.
Schwedisches Leben in Vadstena
Da meine Schwester vier Jahre zuvor bereits mit dem Bonifatiuswerk in Oslo war, entschied auch ich mich beim Bonifatiuswerk zu bewerben und ein halbes Jahr in Schweden zu verbringen. So begann ich dann im Januar voller Vorfreude mein Praktikum in Vadstena.
Dort erwarteten mich acht Birgittaschwestern, die Hauswirtschaftlerin Kerstin, die uns auch Schwedischunterricht gegeben hat, und Pater Peter, der immer für einen Witz zu haben ist.
Meine Ankunftszeit war besonders ruhig, da im Gästehaus gerade keine Gäste waren. Somit hatte meine Mitpraktikantin Lioba, die schon seit August in Vadstena war, genug Zeit mich langsam in die Aufgaben einzuarbeiten und mir den gewöhnlichen Tagesablauf im Gästehaus zu zeigen. Dadurch konnte ich mich auch gemütlich an die neuen Aufgaben wie das tägliche Toiletten putzen, den Speisesaal vorbereiten und abdecken, das Abspülen und das Herrichten benutzter Zimmer gewöhnen. Schwester Monika, unsere Mentorin, Lioba und Kerstin waren mir dabei eine große Hilfe.
Aufgefallen ist mir hier vor allem, dass im Gästehaus aber auch allgemein in Schweden alles viel langsamer und entspannter ist.
Gerade durch die Fika, die schwedische Kaffeepause, die an keinem Tag fehlen darf, wird der Arbeitsalltag etwas entschleunigt und es wird genug Zeit gelassen um sich über alles Mögliche zu unterhalten. Auf die harmonische Zusammenarbeit wird hierbei genauso viel Wert gelegt wie auf die Ausführung unserer Arbeit: für mich war das eine ganz neue Erfahrung.
Zusammen mit Lioba und Lena, einer weiteren Volontärin aus Deutschland, hatte ich auch das Glück den richtigen schwedischen Winter mitzuerleben. Der Schnee ist in Vadstena von Januar bis Ende März nicht abgetaut und auch der See war so dick zugefroren, dass sogar Autos auf dem Eis gefahren und gedriftet sind.
Ruhiges Klosterleben in Rögle
Ende März ging es für mich dann erst mal weiter nach Rögle zu einem Dominikanerinnenkloster in der Nähe von Lund in Südschweden. Die fünf Dominikanerinnen haben dort auch ein kleines Gästehaus und ich war die erste Volontärin vom Bonifatiuswerk, die den neuen Standort ausprobieren durfte. Das Kloster in Rögle ist auf einem alten Bauernhofgelände mitten in der Natur.
Meine Aufgaben waren dort sehr ähnlich denen in Vadstena, ich habe oft in der Küche geholfen, den Speisesaal vorbereitet und abgespült und die Zimmer aufgeräumt. Das Kloster in Rögle ist jedoch etwas abgeschieden und auch waren dort seltener Gäste als in Vadstena.
Nachdem ich einen Monat lang die Ruhe in Rögle genossen hatte, hatte ich mich dazu entschieden wieder zurück nach Vadstena zu gehen.
Dort habe ich dann den Rest meines Praktikums mit den neuen Praktikantinnen Irina und Daniela verbracht. Da Daniela mit dem Auto nach Schweden gereist ist, konnten wir zusammen viele Ausflüge unternehmen und somit auch die wunderschöne und vielfältige schwedische Natur bestaunen.
Erfreulicherweise konnte ich durch Besuche bei anderen Praktikumsstellen nicht nur Vadstena und Rögle sehen, sondern habe eine Woche in Uppsala und Stockholm verbracht, war ein paar Tage in Malmö und Kopenhagen und habe auch den Volontären in Bergen einen kurzen Besuch abgestattet.
Für mich war die Zeit in Schweden eine einzigartige Gelegenheit ein anderes Land, eine andere Kultur, eine andere Sprache und auch eine andere Art des Glaubens und vor allem der Glaubensgemeinschaft kennenzulernen.
Durch das Zusammenleben und Zusammenarbeiten mit verschiedenen Volontären und Gemeindemitgliedern habe ich nicht nur neue Freunde und gewissermaßen eine zweite Heimat gefunden, sondern konnte auch noch einmal neue Seiten an mir selbst entdecken.