Ich hätte schon merken können, dass es mittlerweile zwei Monate sind, die ich in Schweden bin. Schließlich schwebe ich schon im Halbschlaf zur Arbeit, kaufe mir auf dem Weg meist eine Zimtschnecke zum Frühstück und habe einen schwedischen Lieblingssong (Jag trodde änglarna fanns. Einfach mal bei Youtube suchen und später bedanken. Pia kann Bände davon sprechen.)
Es ist ja immer ein gutes Zeichen, wenn die Zeit wie im Fluge zu vergehen scheint. In diesem Fall ist es das allemal, denn es gab viel schönes zu erleben in den letzten Monaten.
Von Fernsehübertragungen zum Richtfest
Von meiner Einsatzstelle her, dem Bischofsamt in Stockholm, gab es zwei große Veranstaltungen. Der Bischof von Stockholm, Anders Arborelius, wurde kurz vor meiner Ankunft zum Kardinal kreiert. Das war in Schweden ein großes Ereignis. Die Stimmung war vergleichbar mit der in Deutschland nach der Papstwahl 2005, sagt die Pressesprecherin des Bistums. Es gab eine Dankmesse, die im Fernsehen übertragen wurde und bei deren Vorbereitung und Durchführung ich just an meinem ersten Arbeitstag helfen konnte. Für mich war eine neue Erfahrung, dass die ganze Messe vorher einmal in voller Montur – quasi als Kostümprobe – einmal durchgespielt wurde.
Das wurde dann mit dem ZDF-Fernsehgottesdienst aus Vadstena zur Gewohnheit. Aber davon haben ja schon Pia und Maria berichtet.
Während des eigentlichen Dankgottesdienstes am 15.August musste ich dann vor der Tür stehen und mit Händen, Füßen und rudimentären Schwedischkenntnissen Menschen, die gerne zur Messe gehen wollten, auf die alternative Liveübertragung im Keller hinweisen, weil die Kathedrale schnell voll war. Beim Empfang im Anschluss verteilte ich dann Häppchen und konnte feststellen, dass, obwohl ich erst eine Woche in Schweden war, mir schon einige Gesichter bekannt vorkamen. Insgesamt war es ein schönes Fest und wohl der spannenste erste Arbeitstag, den man sich wünschen kann.
Die zweite große Veranstaltung war das Richtfest der chaldäisch-katholischen Kirche in Södertälje. Södertälje ist als Stadt, die Geflüchtete aufnimmt, weit über die Grenzen Schwedens bekannt. Der Bürgermeister wurde vom damaligen US-Präsidenten Barack Obama eingeladen, um bei der entsprechenden Fragestellung zu beraten. Die chaldäisch-katholische Gemeinde in Södertälje ist in den letzten Jahren gewachsen, zuletzt noch stärker durch die geflüchteten Christen aus Syrien. Eine größere Kirche ist nötig geworden. Nach zehn Jahren in der Planung und im Bau kann sie nun endlich im Dezember geweiht werden. Beim Richtfest konnte ich Eindrücke sowohl vom chaldäischen Bischof für Europa und Gemeindemitgliedern vor Ort, als auch von der Architektin und dem Bauleiter einfangen. Es war beeindruckend wie all diese Menschen, ob nun religiös oder nicht, den Bau der Kirche als etwas von der sonstigen Arbeit auf gute Weise verschiedenes erlebt haben. Besonders die Gedanken der Architektin, die die Kirche in verschiedenen Hinsichten als verbindendes Element sieht, haben die Kirche für mich in einem neuen Licht als Bauwerk und Kunstobjekt, das auf seine Weise das Evangelium von der Einheit der Menschen über kulturelle Grenzen hinweg verkündet, erscheinen lassen. Etwas von den Gedanken durfte ich in einem Artikel für das Bonifatiuswerk zusammenfassen.
Neben diesen größeren Veranstaltungen helfe ich bei Büroarbeiten im Bischofsamt. Dazu gehört zum Beispiel die Korrespondenz mit Gemeindem im Bereich der Eheschließungsvorbereitungen oder, aktuell, die Sammlung der geforderten Daten für den alle fünf Jahre stattfindenden Ad Limina-Besuch des Bischofs in Rom.
Die Menschen im Bischofsamt sind alle wirklich nett. Die Atmosphäre ist sehr angenehm und der obligatorischen Fika wir, zumindest an den beiden Tagen in der Woche, an denen ich da bin, der gebührende Raum eingestanden.
Das nächste größere Ereignis ist dann die Weihe der Kirche in Södertälje, die unter dem Patrozinium der Jungfrau Maria stehen wird.