Nadine Hoch hat drei kalte Monate in Vadstena verbracht
Ich wollte schon seit meiner frühen Jugend immer mal nach Schweden. Nie habe ich meine Eltern überreden können. Deren Kommentar war immer: „Unseren Sommer möchten wir in der Sonne verbringen und nicht mit Winterjacke im Haus sitzen und den Regen beobachten“. Nach einigen Anläufen hatte ich sie jedoch soweit, einen Sommer in Schweden zu verbringen und was kam dabei herum? Wir hatten es wärmer als es zu der Zeit in Deutschland war und alle waren total zufrieden. Ich bin mit einem extremen Sonnenbrand und einer Entscheidung nach Hause gekommen: Ich wollte nach meinem Auslandsjahr, welches zu der Zeit noch bevor stand, einige Zeit in Schweden verbringen. Bereits im Vorfeld hatte ich mich über das Bonifatiuswerk informiert und mir das Gästehaus der Birgitta Schwestern ausgesucht. Während des Urlaubs haben wir einige Tage in Vadstena verbracht und danach war mir klar: Da willst du nochmal hin. Am liebsten über einen längeren Zeitraum. Die Zeit verging, der Wille jedoch nicht. Schließlich ging es nach kurzer Eingewöhnungszeit nach meines Auslandjahrs, wieder in die Ferne.
Ich habe mir eine nicht gerade touristische und beliebte Zeit ausgesucht, da es im Dezember in Schweden nicht besonders lange hell ist und ziemlich kalt werden kann. Meine Zeit hat zunächst mit dem Lucia-Fest begonnen, dem „Lichterfest“. In einer Kirche des Dorfes gab es ein Konzert mit der Lucia-Zeremonie. Es war interessant, einen neuen Brauch kennen zu lernen. Das war eines meinen ersten Erlebnisse in Vadstena.
Mir hat die Arbeit im Gästehaus sehr gefallen. Die einen würden es vielleicht als eintönig beschreiben oder empfinden, ich jedoch fand gerade das Strukturierte sehr angenehm. Ich brauchte ein wenig Abstand und Ruhe, sowie Zeit für mich. Gerade im Winter ist das Gästehaus nicht immer gefüllt, so kann man sich verschiedensten Aufgaben im Haus widmen. Kurz vor Weihnachten durften Britta und ich die Krippe individuell gestalten. Wir hatten verschiedenes Material zur Verfügung, womit wir eine Krippenlandschaft schaffen konnten.
Wenn jedoch nicht gerade Krippeaufbau oder Kirche putzen auf dem Plan standen, haben wir Plätzchen gebacken, durften uns an die Buchhaltung machen, Kerzen verzieren oder kleine Notizbücher basteln.
Wenn jedoch das Haus besetzt war, halfen wir oft in der Küche aus. Roja hat im Dorf ein Restaurant und ist bei großen Gruppen zu uns ins Gästehaus gekommen und hat uns alle bekocht. Dabei standen
wir ihr bei Seite und haben bei den Vorbereitungen geholfen. Da ich privat gerne koche, hat mir das natürlich sehr gefallen.
Bevor die Gruppen jedoch anreisen konnten, mussten wir die Zimmer vorerst vorbereiten, sprich Staubwedeln, Staubsaugen, Bäder wischen, Betten machen und Gläser hinstellen. Das gleiche Spiel wurde
nach der Abreise erneut gespielt. Das hatte mit der Zeit viel mit Routine zu tun. Irgendwann hatte man den Dreh raus und alles ging völlig selbstständig, ohne groß zu überlegen.
Da im Winter das Dorf nicht sonderlich belebt ist, gab es nicht viele Freizeitaktivitäten, die ich machen konnte. In unmittelbarer Nähe gab es eine Bibliothek, in der ich mir überwiegend Kinderbücher auf Schwedisch ausgeliehen habe. Bevor ich nach Vadstena kam habe ich mir die Sprache eigenständig beigebracht, konnte sie jedoch nicht wirklich anwenden. Vor allem durch das Lesen, habe ich ein wenig mehr Verständnis für die Sprache bekommen. Außerdem habe ich mir dort auch sämtliche Astrid Lindgren Filme ausgeliehen und diese auf Schwedisch angeguckt. Die meisten kannte ich auf Deutsch schon nahezu auswendig, dadurch fiel es mir natürlich umso leichter, vieles auf Anhieb zu verstehen.
Wenn ich nicht gerade mit lesen oder Film gucken beschäftig war, haben wir z.B. einen Tagesausflug nach Linköping gemacht. Erst waren wir in der Stadt und im Anschluss haben wir uns ein Eishockeyspiel des Linköpings HC angeguckt. Britta war bereits einmal in der Halle, für mich war es sogar das erste Eishockeyspiel überhaupt. Ich hatte gar keine Ahnung von den Regeln, fand dennoch das Spiel interessant und sehr spannend, da wir unter vielen Linköping-Fans waren. Wir standen in der Fankurve und wurden mit Gesängen angebrüllt. Das hatte schon etwas Tolles. Da es mir so gefallen hat, Britta sowieso, sind wir irgendwann erneut nach Linköping, um ein weiteres Mal Eishockey zu gucken. Nun versteh ich, wieso so viele Menschen diesen Sport so gern haben. Vor allem, wenn es in Schweden viele Monate im Jahr kalt ist, ist es die ideale Voraussetzung zum Trainieren. Die Spielpause im Sommer ist deutlich kürzer als bei uns in Deutschland.
An freien Tagen war ich in der Nähe von Vadstena in einem Naturschutzgebiet und habe einfach nur die Landschaft genossen, oder war angeln. Der Omberg liegt direkt am Vätternsee. Es ist unglaublich schön dort.
Aber natürlich war ich nicht nur unterwegs. Wenn ich frei hatte, habe ich auch sehr viel Zeit damit verbracht Bewerbungen zu verschicken, damit ich nach Schweden bereits weiß, was im Anschluss kommt. Außerdem habe ich mich für eine aufwendige Prüfung vorbereitet und war froh, dass ich nicht den kompletten Tag arbeiten musste. So viel hätte ich niemals in der Zeit in Deutschland erreichen können. Neue Menschen, neue Kulturen und Gebräche, Grundzüge einer neuen Sprache kennenlernen, entspannen und gleichzeitig arbeiten, sowie sich für die Zukunft vorbereiten. Es hat mir persönlich sehr viel gebracht mich zu sammeln und zu entscheiden, was ich wirklich möchte.
Mit unserer Ansprechpartnerin Schwester Monika sowie Kerstin kam ich gut zurecht. Wenn ich Fragen, Wünsche oder gar Probleme (die es nicht gab) hatte, konnte ich mit ihnen gut reden und ich fühlte mich verstanden, beachtet und akzeptiert. Ich war nicht bloß eine Praktikantin, sondern Teil des Teams und das ließen sie mich sehr oft und gut spüren. Mit der Zusammenarbeit unserer Mentorin Anna, die die meiste Zeit in Uppsala war, war ich sehr zufrieden. Auch mit ihr konnte man viel Besprechen und alles ansprechen.
Das Gästehaus hat außerdem eine klasse Lage. Man hat direkte Sicht auf den Vättern, der dem Meer gleicht, da man den Horizont nicht wirklich wahrnehmen kann.Eine Sache fehlt mir jedoch ebenfalls sehr. Was soll ich jetzt bitte um 10 Uhr morgens machen?? Wo bleibt der laute Ruf: „FIIIIIIKAAAAAAA !!!! Kaffee ist fertig!“. Es ist nicht mehr so gemütlich, meistens bin ich alleine mit meiner Tasse Kaffee und mache meine Fika.
Ich denke sehr gerne an die wunderschöne Zeit in Vadstena zurück und bin glücklich, dort gewesen sein zu dürfen. Es hat mir persönlich sehr viel gebracht und ich weiß, dass ich jederzeit wieder
willkommen bin. Vadstena ist für mich wie eine kleine zweite Heimat geworden. Ich habe mich dort wie Zuhause gefühlt und habe die Schwestern, sowie alle Mitarbeiterinnen dort
sehr ins Herz geschlossen.
Ich bedanke mich bei den Birgitta Schwestern, sowie auch beim Bonifatiuswerk, dass ich die Möglichkeit bekommen habe, eine so schöne Zeit in Vadstena verbringen zu können.
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