Wie Revolverheld Melanie durch drei Monate in Vadstena begleitet hat
In den letzten Monaten haben mich ungefragt zwei Lieder der Musikgruppe Revolverheld begleitet.
„Lass uns gehen, lass uns gehen, lass uns gehen“
singend bin ich Ende April in Vadstena angekommen
– voller Vorfreude auf Schweden, neue Menschen und die Arbeit im Gästehaus. Drei Monate später denke ich glücklich an meine Zeit dort zurück und stimme ein weiteres Lied an:
„Wir liebten das Leben, den Sommer in Schweden. Die Welt hing an Fäden und alles war leicht und so klar, so wie es war.“
Im Gästehaus des Birgittaklosters treffen Menschen aus jeder Ecke der Welt aufeinander. Es kommen Gäste von den
verschiedensten Orten, um eine schöne Zeit in Vadstena zu verbringen und auch die Menschen, die im Betrieb des Gästehauses mithelfen und das gästhem zu dem gemütlichen Ort machen, der es
ist, vertreten eine bunte Mischung an Nationalitäten.
Zu den üblichen Aufgaben der Praktikanten zählt, beim Betrieb des Gästehauses mitzuhelfen. Es wird also viel Zeit in der Küche beim Kochen und Abspülen verbracht, Zimmer werden hergerichtet, Bäder geputzt und einfach dafür gesorgt, dass Besucher einen angenehmen Aufenthalt haben.
Als Praktikant lebt man in gewisser Weise als „Gast unter Gästen“. Man nennt eines der Zimmer sein Eigen für die Zeit, die man dort verbringt, und profitiert von jeder Arbeit, die man im Haus liefert: Man lässt sich jedes lecker gekochte Essen zusammen mit den Gästen schmecken und freut sich über jede frisch geputzte Toilette.
In den drei Monaten, die ich in Vadstena verbracht habe, habe ich den Begriff Gemeinschaft in sehr vielen Facetten kennengelernt. Schnell habe ich die Stadt als ein kleines Zentrum der katholischen Glaubensgemeinschaft erlebt. So mag man im ersten Moment erstaunt sein, dass es nur so wenige Katholiken in Schweden geben soll – kein Wunder, denn es kommen genau dort, wo man sich aufhält, so viele Leute zusammen, um gemeinsam Gottesdienste zu feiern. Es war schön für mich zu erleben, wie Glaube Menschen verbinden kann. Auch ohne große Festlichkeiten wie zum Beispiel das jährliche Birgittafest wurde man jede Woche Teil dieser Verbundenheit.
Beim sonntäglichen kyrkkaffe nutzten die Gemeindemitglieder und Besucher des Gottesdienstes die Möglichkeit, sich bei Kaffee und Kuchen im Salon des Gästehauses zusammen zu setzen. Beim Verteilen von Getränken und süßen Köstlichkeiten konnte man oft mit den Leuten ins Gespräch kommen und gleichzeitig sein Schwedisch erproben.
Gemeinschaft wurde auch jeden Tag im Kreise der Mitarbeiter gelebt. Besonders spürbar um Punkt zehn Uhr, wenn ein lautes „FIKA!!!“ im Gästehaus ertönte und sich alle bei einer Tasse Kaffee versammelten. Versüßt haben wir uns diese Treffen besonders gern mit selbstgebackenem Kuchen und – ein Geheimtipp und hoch geschätztes Nahrungsmittel während meiner Zeit dort – Marsán Vaniljsås! Doch es musste nicht immer zehn Uhr morgens sein, um sich irgendwo zusammenzusetzen. Ich erinnere mich nur zu gerne an die vielen spontanen Gelegenheiten, als sich plötzlich in der Küche immer mehr und mehr Leute angeschlossen haben, wenn man „nur mal eben einen Kaffee holen“ wollte. Auch jedes Zusammenkommen mit den Birgittaschwestern war voller Herzlichkeit und Freude und lieferte Einblick in das Leben der Gemeinschaft im Kloster.
Diese vielen Begegnungen haben die Arbeit und das Leben während meines Aufenthaltes unglaublich wertvoll gemacht und mir gezeigt, wie wichtig es ist, sich die Zeit dafür zu nehmen, immer
wieder Halt zu machen und die Gegenwart von den Menschen in seinem Umfeld zu schätzen und zu genießen, die einem wichtig sind.
Mein „Sommer in Schweden“ war geprägt von Begegnungen, Erfahrungen, Vertrauen und Leichtigkeit und ich bin sehr dankbar für jeden Moment. Ich habe viele wundervolle Menschen kennengelernt, fand
es sehr spannend, die verschiedenen Geschichten der einzelnen zu erfahren und bin überaus glücklich über die unbezahlbaren Freundschaften, die ich über mein Praktikum hinaus für mich
mitnehme.
In diesem Sinne musste ich die Liedzeilen von „Sommer in Schweden“ nicht umdichten – denn es war immer ein großes „Wir“ für mich – und kann mir den Ohrwurm nun mit in meine Erinnerungskiste
packen:
„Wir liebten das Leben, den Sommer in Schweden.
Die Welt hing an Fäden und alles war leicht und so klar, so wie es war.“
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