Lena Puscher ist nach einem Jahr aus Schweden zurück
Nachdem ich im letzten Sommer mein Abitur abgelegt hatte, sollte es für mich nicht gleich weiter zum Studium gehen. Also machte ich mich im vergangenen August auf nach Schweden, um durch einen
einjährigen Aufenthalt die katholische Kirche dort näher kennenzulernen.
Meine erste Station war Vadstena, das geistlichen Zentrum Schwedens. Hier gründete Europas Schutzheilige,
die heilige Birgitta, ihren Orden. Auch heute leben in dem Kloster acht Birgittenschwestern und betreiben nebenbei ein Gästehaus, in welchem die Hauptaufgaben der Praktikanten liegen. Hier ging
es vor allem darum, den Gästen einen angenehmen Aufenthalt zu ermöglichen, also unter anderem in der Küche mitzuhelfen oder das Haus sauber zu halten. Auch die wöchentliche Reinigung der Kirche
wird von den Praktikanten übernommen.
Beim sonntäglichen Kirchenkaffee im Gästehaus, zu dem große Teile der Gemeinde kommen und gemeinsam Kaffee trinken oder selbstgebackenen Kuchen essen, kommt man sehr gut mit der Gemeinde in Kontakt und wird freundlich aufgenommen. Auch die Gäste aus allerlei Ländern tragen zu der jederzeit freundlichen und gemütlichen Stimmung im Gästehaus bei. Eine Besonderheit des Gästehauses ist seine ausgezeichnete Lage direkt am zweitgrößten See Schwedens, dem Vättern. Diese lädt an sonnigen Sommernachmittagen zum Baden, im Winter zum Auf-dem-See-Spazierengehen und generell morgens und abends ein, den Sonnenauf- beziehungsweise –untergang zu betrachten, da dieser jeden Tag anders aussieht.
Einmal in der Woche ging ich zur Probe des Kirchenchors der alten Klosterkirche in Vadstena, die nun der schwedischen lutherischen Kirche angehört. Zusammen mit dem Chor hatte ich einige Auftritte in benachbarten Städten, doch das Highlight war die Aufführung von Händels „Messiah“, mit zwei anderen Chören, professionellen Solisten und einem großen Orchester.
Hier einige Impressionen aus Vadstena:
Nach vier Monaten musste ich mich jedoch als Praktikantin aus Vadstena verabschieden, denn es sollte nun nach Uppsala weitergehen. In Schwedens viergrößter Stadt befindet sich die einzige katholische Hochschule des Landes, das Newmaninstitut.
Eines meiner Aufgabenfelder dort war der Second-Hand-Shop Erikshjälpen. Die Second-Hand-Kultur ist in Schweden viel größer als in Deutschland, ich hätte es mir nicht vorstellen können, dass das Geschäft so groß ist! Das Spenden und Weiterverkaufen von nicht mehr gebrauchten Waren ist ganz normal in Schweden, allein im Umkreis Erikshjälpens gibt es fünf weitere Second-Hand-Shops. Das wirklich Besondere an diesem ist, dass es eine große Kette ist und über Schweden verteilt über 60 Filialen hat und fast komplett auf freiwillige Helfer baut. Die Einnahmen des Geschäftes, die nicht für das Gehalt der wenigen Festangestellten, für Miete und Strom gebraucht werden, werden an soziale Projekte für Kinder gespendet. Als Freiwilliger hat man viel Verantwortung, so war mein Hauptaufgabengebiet das Sortieren gespendeter Kleidung, Preise setzen und die Kleidungsabteilung ordentlich zu halten. Außerdem half ich oft an der Kasse aus und sorgte für das kleine Café, welches nach dem Einkaufsbummel zum typisch schwedischen „Fika“, also Kaffeetrinken, einlädt. Die Arbeit dort macht sehr viel Spaß, vor allem, da man viele verschiedene Menschen kennenlernt. Erikshjälpen hat keine spezielle Zielgruppe, es kommen Menschen verschiedenster „Gruppen“ hin und jeder wird dort fündig. Ein Gespräch mit einer Kundin blieb mir jedoch besonders im Gedächtnis. Es ging um Kirche und den Glauben und sie sagte: „So etwas ist in Schweden nicht mehr möglich. Hier zählt nur, was die Wissenschaft beweisen kann! Glauben und Kirche sind so unwichtig, das spielt überhaupt keine Rolle mehr hier.“
Dass dies jedoch so nicht stimmt, sah ich in meiner anderen Einsatzstelle, der Gemeinde St. Lars. Die Gemeinde ist stark im Wachstum, für eine Filialgemeinde wird gerade eine neue Kirche gebaut. Im Sonntagsgottesdienst wird jede kleine Lücke genutzt, damit jeder einen Platz findet, und dieser Vorgang kann schon mal bis zum Evangelium dauern.
Generell ist die Gemeinde sehr bunt gemischt, da die Mitglieder aus 75 unterschiedlichen Ländern kommen. Meine Hauptaufgaben dort bezogen sich auf die Kinder- und Jugendarbeit. Da es keinen konfessionellen Religionsunterricht an Schwedens Schulen gibt, wird in der Gemeinde Katechismusunterricht für alle Jahrgangsstufen angeboten. Dieser wird auch von Freiwilligen durchgeführt. Dabei konnte ich kleinere Aufgaben übernehmen und begleitete unter anderem die Zweitklässler auf dem Weg zu ihrer Erstkommunion. Auch für die kleineren Kinder, die noch nicht in der Schule sind, gibt es ein Angebot: Die offene Vorschule, zu der jeder kommen kann, wird von einer der dort lebenden Mariaschwestern geleitet und ist nicht dazu gedacht, die Kinder dort einfach „abzuladen“: Es sei vor allem wichtig, dass die Eltern sich dort treffen, dass sie sich kennenlernen, austauschen und gegenseitig helfen, so Schwester Margot. So passte ich auf die Kinder auf und beschäftigte sie, während die Eltern sich untereinander austauschten.
Natürlich bestand das Jahr auch aus viel Freizeit. Diese konnte ich gerade in der Studentenstadt Uppsala bei vielseitigen Angeboten sehr genießen, wo ich wieder in einem Chor sang oder
unterschiedlichsten Sport machen konnte. Aber auch von Schweden an sich sah ich viel, sei es auch nur durch unsere Radtour nach Kopenhagen. Durch günstige Fährverbindungen konnte ich auch meinen Horizont auf angrenzende Länder wie Norwegen, Finnland oder sogar Estland erweitern und so auch neben der Arbeit viel erleben.
Ich habe in dieser Zeit viele wichtige Erfahrungen gemacht, eine Menge unglaublicher Geschichten erlebt und viele Freunde aus aller Welt kennengelernt. Dafür bin ich sehr dankbar
und möchte mich bei allen bedanken, die mir dieses besondere Praktikum ermöglicht und mich dabei unterstützt haben.
Tack för i år!
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