Wir haben es tatsächlich geschafft! Nach 725 Kilometern auf dem Fahrrad und 60 Kilometern mit Fähre und Auto haben wir unser Ziel, den St. Ansgar Dom in Kopenhagen, am vergangenen Donnerstag erreicht. 14 Tage in Gemeinschaft und Pilgeralltag, davon 10 auf dem Fahrrad, liegen hinter uns und seit Samstagabend sind wir alle wieder wohlbehalten in Uppsala angekommen.
Die Fahrradwallfahrt war für uns alle eine bereichernde Erfahrung und es wird wohl jeder von uns etwas von dieser Zeit mitnehmen. Von unserem ”Halbzeitziel” in Vadstena kam ja bereits ein Zwischenbericht über die ersten fünf Tage unserer Wallfahrt. Die weiteren Tage wollen wir den Bloglesern natürlich nicht vorenthalten und hier kommt eine Zusammenfassung der zweiten Hälfte.
Tag 6: 0 km in Vadstena
Nach einer knappen Woche auf dem Rad entschieden wir uns spontan nicht nur eine, sondern zwei Nächte in Vadstena zu bleiben. Das sonnige Wetter, die Gastfreundschaft der Schwestern und
Praktikantinnen sowie die Aussicht auf eine richtige Dusche und Waschmaschine machten Vadstena als Ort für einen Ruhetag perfekt. Wir konnten uns einfach mal im Gras ausstrecken, die Gegend
genießen und neue Kraft für die nächsten Tage sammeln. Am Abend stand ein ”Kubb”-Turnier auf dem Plan. ”Kubb” wird auch Wikingerschach genannt und ist ein traditionelles schwedisches Spiel, bei
dem man versucht Holzklötze mit Holzstäben umzuwerfen (so die Kurzfassung). Unser Newmaninstitut-Team gewann gleich zweimal gegen das Gästeheim-Team. Außerdem bekamen wir von den
Birgittaschwestern alle eine Pilgerurkunde überreicht, denn Vadstena ist schließlich auch ein Pilgerort.
Tag 7: 62 km von Vadstena nach Gränna
Gestärkt ging für uns am darauffolgenden Tag die Reise weiter. Die Stärkung konnten wir tatsächlich gebrauchen, denn die Strecke führte uns unter anderem über den Omberg. Omberg ist ein
Naturreservat am Vätternsee. Der Berg erreicht an seiner höchsten Stelle 250 Höhenmeter. Am Fuße des Berges zweifelten wir zunächst daran, ob wir dieser Herausforderung wirklich gewachsen sind.
Doch wir haben es tatsächlich geschafft und uns wurde eine wunderschöne Natur beschert. Auf der anderen Seite des Ombergs erwartete uns die Klosterruine Alvastra, die unser Ziel für die
Mittagspause war. Entlang des Vätternsees ging es für uns weiter entlang vieler Felder bis wir die Stadt Gränna erreichten. Gränna ist bekannt für ihre zahlreichen Bonbonhersteller. Hierher
kommen die berühmten ”Polkagrisar”, die rot-weiß gestreiften Bonbons, die wir natürlich auch probiert haben.
Tag 8: 46 km von Gränna nach Jönköping
Auch wenn diese Strecke von den Kilometern her ziemlich kurz war, waren wir bei der Ankunft in Jönköping ziemlich müde. Wir fuhren entlang des Vätternsees und die Strecke hielt einige Anstiege
für uns bereit. Hinzu kam die Sonne, die an diesem Tag besonders stark vom Himmel schien. Doch entschädigt wurden wir durch wiedermal eindrucksvolle Landschaften. Es war schon ein verrücktes
Gefühl zu wissen, dass wir nun bereits den vierten Tag entlang des Vätternsees fuhren. Da wurde uns wirklich bewusst, wie groß dieser See ist. An diesem Tag hatten wir teilweise sogar das Gefühl
nicht mehr in Schweden, sondern in der Toskana zu sein: Auf der anderen Seite des Sees war kein Ufer zu sehen, die Wellen rauschten und die Häuser am Hang des Berges sahen fast schon mediterran
aus. In Jönköping wurden wir sehr herzlich von den Franziskaner-Brüdern empfangen. Wir durften diese Nacht in der St. Franziskus-Gemeinde verbringen.
Tag 9: 74 km von Jönköping nach Värnamo
Nach der Sonntagsmesse in der schönen Kirche der Franziskaner schwangen wir uns wieder auf unsere Räder. Dieser Tag hielt eine wirklich abenteuerliche Strecke für uns bereit. Anstatt über Asphalt
führte uns der Weg teilweise durch Wälder, deren Boden nur aus dickem Sand und Schotter bestand. Das war für uns und unsere Fahrräder eine Herausforderung! Nachdem wir den Weg aus dem Wald
gefunden hatten, kamen wir bei Pfarrer Franz Schneider in der katholischen Gemeinde in Värnamo an. Als wir vor dem Gemeindehaus ankamen, schauten wir zunächst etwas ungläubig aus. Hinter den
Türen eines normalen Wohnhauses soll sich eine katholische Kirche verstecken? Aber so ist es! Beim gemeinsamen Grillen am Abend erzählte uns Pfarrer Franz Schneider, wie sich seine kleine
Gemeinde organisiert und vieles über das Gemeindeleben. Sonntags kommen an die 100 Gläubige nach Värnamo, um hier Messe zu feiern. Dafür nehmen einige Gemeindemitglieder eine 40 km lange Anfahrt
auf sich. Für uns fast unvorstellbar, aber Realität in der Diaspora.
Tag 10: 83 km von Värnamo bis Traryd (bzw. ein nahgelegener Wald)
Der zehnte Tag führte uns durch Småland. In Småland gibt es vor allem eins: Wald, Wald, Wald. Und so sah auch unsere Strecke aus. 80 km Straße und rechts und links Bäume. Dazwischen gefühlt ein
paar Häuser im Abstand von 5 km voneinander. Als wir am Nachmittag müde wurden, suchten wir uns ein idyllisches Plätzchen an einem See, natürlich im Wald, und schlugen dort unser Zeltlager auf.
Beim Studieren der Landkarte an diesem Abend fiel uns auf, dass es bis nach Helsingborg nur noch knapp 100 km waren. Helsingborg war unser Ziel mit dem Fahrrad. Wir beschlossen am nächsten Tag
den Versuch zu starten und die gesamte Strecke an einem Tag zurückzulegen.
Tag 11: 99 km von Traryd nach Helsingborg
Der angesagte Regen für diesen Tag hatte es sich wohl doch anders überlegt und so hatten wir bei angenehmen Temperaturen und Rückenwind die allerbesten Voraussetzungen. Um 12 Uhr hatten wir
bereits 50 km zurückgelegt und die Strecke bis zur unserer Mittagspause in Örkelljunga flog nur so an uns vorbei. Und genauso gut lief auch der restliche Teil der Strecke für uns weiter und als
wir das Meer quasi riechen konnten, stand für uns fest: Wir schaffen es heute bis nach Helsingborg! 10 km vor Helsingborg hatte uns der Regen dann doch eingeholt und wir kamen patschnass, aber
glücklich und stolz in Helsingborg an. Hier wurden wir herzlich in der katholischen Gemeinde St. Clemens aufgenommen, die uns eine Gästewohnung zur Verfügung stellte. Nach 10 Tagen auf der
Luftmatratze war es ein tolles Gefühl mal wieder in einem richtigen Bett zu schlafen.
Tag 12: Helsingborg, Mölle und Arild
Da wir einen Tag früher als geplant in Helsingborg ankamen, nahmen wir uns auch an diesem Tag ”frei” und bei einem gemeinsamen Ausflug in die kleinen malerischen Küstenorte Mölle und Arild kam
bei uns allen Ferienstimmung auf. Dazu schien die Sonne vom Himmel und alle waren glücklich und stolz zu wissen, dass wir die 725 km auf dem Fahrrad geschafft haben. Mölle bescherte uns zudem
einen atemberaubenden Blick über das Meer und die Klippen. Am Nachmittag erkundeten wir Helsingborg. Die maritime Stadt stieß bei uns allen auf Begeisterung.
Tag 13: 60 km (mit Auto und Fähre) von Helsingborg nach Kopenhagen
Endlich stand uns die letzte Etappe bevor! Von Helsingborg aus nahmen wir am Morgen die Fähre nach Helsingör. Von da aus ging es mit dem Auto weiter nach Kopenhagen. Hier steuerten wir natürlich
als erstes unser Pilgerziel an: den St. Ansgar Dom. Das Gefühl plötzlich vor dem Dom zu stehen und die Kirche zu betreten war wirklich unbeschreiblich. Es war ein Gefühl von ”Ankommen” und
Erleichterung, Freude und Stolz. Bei einer kleinen Andacht im Dom ließen wir die vergangenen Tage, die Strecke und alle Begegnungen nochmals an uns vorbeiziehen und dankten Gott für die
gemeinsame Zeit und die mehr als gut verlaufene Tour. Danach verschafften wir uns einen ersten Überblick in der dänischen Hauptstadt und fuhren am Abend zu unserer Unterkunft in der katholischen
St. Anna-Gemeinde, in der die Redemptoristen leben.
Tag 14: Kopenhagen
Neben dem St. Ansgar Dom wollten wir unser Wallfahrtsziel natürlich noch besser kennenlernen. Nach dem Frühstück machten wir uns auf in die Innenstadt und nahmen zunächst an einer Stadtführung
teil. Lustiger- und passenderweise schien unser Stadtführer eine Vorliebe für Kirchen zu haben und zeigte und erzählte uns viel über die zahlreichen Kirchen in Kopenhagen. Er erzählte unter
anderem auch, dass es im Mittelalter ein großes Franziskaner-Kloster mitten in der Stadt gab. Nach der Stadtführung erkundeten wir Kopenhagen auf eigene Faust und sahen unter anderem die bunten
Häuser am Nyhavn, den botanischen Garten und das Schloss der königlichen Familie. Am Abend fuhren wir zurück nach Helsingborg, um dort am nächsten Morgen die Rückreise nach Uppsala anzutreten.
Dieses Mal fuhren wir die Strecke jedoch nicht mit dem Fahrrad, sondern komplett mit dem Auto.
Heute, einige Tage nach unserer Rückkehr, fühlt es sich immer noch etwas ungläubig an, dass wir die Strecke tatsächlich geschafft haben und in Kopenhagen angekommen sind. Genauso unglaublich ist es, dass keiner von uns, bis auf leichte Sonnenbrände und einige Mückenstiche, Schäden davongetragen hat und dass ebenso keines der sieben Fahrräder einen Schaden erlitten hat. Von platten Reifen und abgesprungenen Ketten wurden wir tatsächlich alle verschont. Die Wallfahrt schien wirklich unter göttlichem Schutz zu stehen. Ebenso ein Glück war das Wetter: Immer wieder drohten uns die Wettervorhersagen mit starkem Regen. Auf der gesamten Tour mussten wir jedoch nur mit drei Stunden Regen auskommen und sonst fuhren wir meist in perfekten Wetterbedingungen.
Wir sind sehr dankbar dafür und ebenso dankbar sind wir auch für alle Menschen, die uns auf der Wallfahrt begegnet sind und die uns während der Wallfahrt in Gedanken und Gebet begleitet haben.
Wir sind stolz und glücklich und für uns alle war die Fahrradwallfahrt ein eindrucksvolles Erlebnis. Wir hoffen, dass wir das, was wir über die Dinge des Lebens gelernt haben, für unsere Zukunft mitnehmen und weitergeben können.
Wir wünschen auch allen anderen den Mut zu Abenteuern aufzubrechen und neue Wege zu gehen! Es ist ein wunderbares Gefühl das Ziel zu erlangen!
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