Dies ist meine erste Pilgerreise und ich hätte nie gedacht, dass ich so etwas einmal machen würde. Es wurde dann aber ganz unerwartet Wirklichkeit und am Anfang wusste ich noch nicht einmal, was
mich da überhaupt erwartet. Schon nach dem Probewandern wurde mir allerdings klar, dass die fünf Wochen des Wanderns definitiv kein Zuckerschlecken werden würden, obwohl ich mir sicher war, dass
mich ein Abenteuer erwartet, für das sich die Anstrengung lohnt.
In den Wochen vor dem Abflug nach Oslo wuchs meine Vorfreude immer mehr. Ich konnte es damals immer noch nicht fassen, dass ich schon bald für fünf Wochen mit zwei Freunden in Norwegen sein
würde. Davon, mit Freunden nach Skandinavien zu reisen, hatte ich als Kind schon immer geträumt.
Und dann? Dann begann unser Abenteuer. Es wurde nur noch schnell der Rucksack gepackt, die letzten Sachen geschnappt, ein letztes Mal gewunken und dann ging es ab nach Norwegen. Ab diesem
Zeitpunkt zogen wir als freie Pilger durchs Land mit nur einem Ziel: zu schaffen, was wir uns vorgenommen haben, und uns selbst zu finden. Wo geht das schon besser als in einem der schönsten
Länder der Welt? Wir zogen los in dem Willen die kleinen Dinge schätzen zu lernen.
Tag für Tag, Schritt für Schritt dem Ziel entgegen sahen wir Dinge, die ich mir vorher nur hätte erträumen können. Täglich merkte man, was man geschafft hat. Nicht nur, dass man stärker geworden
war, sondern vor allem, dass man aus seinen teilweise sehr dummen Fehlern nichts anderes getan hatte als zu lernen. Du spürst das Glück zu Leben und das Glück darüber, dass alles so ist
wie es ist. Dass jedes Tier, jede Pflanze Leben darf. Dass alles Leben existieren darf, das Gott geschaffen hat und das von der Zeit zu dem, was es jetzt ist, geformt worden ist. Wenn du
pilgerst lernst du täglich neue Menschen kennen, siehst fremde Städte, gewaltige Natur und vor allem ist es ein unglaubliches Gefühl zu wissen, dass du morgen wieder weiter ziehst und noch mehr
sehen darfst. Es wird dir egal, wie du aussiehst und was die Leute auf der Straße von dir denken, es ist aber schön sie anzulächeln und nett zu grüßen einfach, weil du glücklich
bist!
Ich liebe es andere Pilger zu treffen, da sie genau das gleiche durch machen wie ich in diesem Moment. Egal, ob groß oder klein, ob schnell oder langsam, schwerer oder leichter Rucksack, Herberge
oder Zelt, jung oder alt, Mann oder Frau, in einer Gruppe oder alleine, reich oder arm, Anwalt oder Tischler, es ist einfach egal, weil sie alle in dem Moment das gleiche Leben leben wie du. Sie
wissen, wie es ist den ganzen Tag mit schwerem Rucksack über Berge auf und ab zu wandern, jeden Tag woanders zu sein und nicht zu wissen, was einen heute Abend oder morgen wohl erwartet.
Ich liebe es zu Pilgern und werde es bestimmt nicht zum letzten machen, weil es einfach ein unglaublich schönes Gefühl ist unabhängig zu sein, mit wenig zu leben und in toller und
abwechslungsreicher Gesellschaft zu sein. Beim Wandern kann man gut nachdenken, hat mal einen freien Kopf und kann selbst zu seinen Träumen und Wünschen finden.
Ich finde es schade, dass es bald vorbei ist, auch wenn ich mich freuen werde wieder Zuhause zu sein und wieder die Dinge haben werde, die so an Selbstverständlichkeit verloren haben, wie Dusche,
Bett, Essen, Strom oder Internet.
Während des Pilgerns merkt man, was für Geschenke diese Dinge doch sind und wird plötzlich für Sachen dankbar von denen man vorher gar nicht wusste, dass man für sie dankbar sein kann.
Manchmal glaube ich, dass man die Pilgerei wie eine Medizin verschreiben können sollte, damit alle mal dieses Erlebnis erleben können, dass Felix, Konrad und mich zu neuen und
hoffentlich besseren Menschen macht.
Mein Fazit vom Pilgern ist: „Lebe dein Leben und deine Träume, aber vergiss nicht, wer dir das alles geschenkt hat und sei dankbar, denn es geht uns echt gut. Ach und wenn du
noch nicht weißt, wem du dankbar sein sollst, dann geh doch einfach mal Pilgern ;) !“
Alles Liebe aus dem Land der Märchen und Sagen
Felicia
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Dorothea (Donnerstag, 13 August 2015 18:22)
Liebe Felicia,
du siehst so schön und glücklich aus! Es freut mich immer Dich auf den Fotos zu sehen. Du machst tiefe Erfahrungen, die Dich ein Leben lang tragen werden. Ich freue mich sehr mit Dir und Dankbarkeit ist ein wundervolles Gefühl. Du hast mich mit Deinen Gedanken heute richtig froh gemacht! Danke!
Katharina (Freitag, 14 August 2015 09:32)
Liebe Felicia, es hat mich gestern sehr glücklich gemacht Deinen Text zu lesen. Toll, dass Felix die Idee zu dieser Tour hatte und Ihr diese Erfahrungen machen könnt.
Judith Voce (Montag, 17 August 2015 11:03)
Liebe Felicia,
Danke für Deinen persönlichen Text. Es ist schön, wieder von Euch zu lesen. Den Gedanken mit der Medizin hatte ich am Ende meiner Reise auch. Ich habe ja auch den direkten Vergleich: im vergangenen Sommer war ich ein paar Wochen in einer psychosomatischen Klinik, und diesen Sommer auf dem Olavyweg. Beides war gut richtig, aber dem Pilgern würde (und werde) ich fortan den Vorrang geben. Es resettet einen auf unglaubliche Art und Weise! Die Füße sind in Bewegung, und auch das eigene Gehirn kommt in Bewegung auf eine Weise, an die man schon gar nicht mehr laubte. Also jedem, der in einer Lebenskrise steckt und noch zwei gesunde Füße hat und ein kleines bißchen Affinität zum Wandern und zum Draußensein, dem kann ich eine solche Wanderung nur ans Herz legen!
Ihr müßtet inzwischen doch angekommen sein, oder?
Liebe Grüße und Gottes Segen,
Judith