Wahrscheinlich haben die, die diesen Blog schon länger verfolgen sofort erkannt, dass Tiziana diejenige war, die uns in Ryphusan begrüßt hatte. Wir waren überglücklich sie wiederzusehen, denn wir
hatten schon fast geglaubt sie verloren zu haben. So hatte sich der lange Marsch schon allein deswegen gelohnt. Doch das Glück endete nicht, denn auch Thomas schlief in dieser Nacht in der
gemütlichen Herberge. Wir waren also wieder beisammen und das war wichtig, denn wir waren inzwischen wie eine Familie die mit jeder neuen Begegnung größer wurde.
Hinter Ryphusan begann der Abstieg vom Dovrefjell. Das hieß bergab, bergab, bergab. Es war schön sich einmal nicht auf die Straße konzentrieren zu müssen, sondern einmal ganz genau auf die
Umgebung achten zu können. Wir liefen mit Thomas tief in das Tal hinein, dass das Vinstra Tal genannt wurde und die Steilhänge links und rechts von uns wurden immer höher.
Nach einigen Stunden des angenehmen Laufens erreichten wir eine weitere Olavsquelle, deren Wasser besser schmeckte als alles, was ich zuvor getrunken hatte. Während der Pilgerreise hatte ich
nämlich gutes Wasser echt zu schätzen gelernt und verstanden, das es wirklich das Einzige ist was deinen Durst auf längere Zeit stillt.
Die Quelle kam auch deshalb wie gerufen, weil es unmenschlich heiß war. Heißer als zu dieser Zeit in Deutschland und die Sonne brannte erbarmungslos. Als wir jene Bergwasser-Entspringung
erreichten, waren wir schon durch und durch mit Schweiß getränkt und ein Schwung kalten Wassers in Gesicht und Nacken war da wirklich das Richtige.
Im weiteren Verlauf des Weges ging es wieder ein paarmal bergauf bis zu einem sehr besonderen Fleckchen Erde, dass ich niemals vergessen werde. Wir stießen nämlich auf eine kleine Kapelle mitten
am Hang, die jede der Kapellen an Schönheit übertraf, die ich bisher gesehen hatte, denn sie hatte gleich hinter dem Altar ein Panoramafenster durch das man weit in das Vinstratal, bis an den
Berg von Oppdal blicken konnte. Lange verharrten wir dort, beteten und genossen die Schönheit des Ortes. Glück kann manchmal so klein sein.
Von der kleinen Kapelle aus liefen wir eine Stunde den Hang hinab bis wir zur gemütlich wirkenden Herberge Plasstoggo kamen. Gerade wollten wir weiter laufen, schließlich wollten wir heute noch
bis nach Oppdal kommen, da hielt Felicia uns auf, zeigte auf eine Bank neben der Hauswand und rief: „Schaut Tizianas Schuhe!“ Überrascht drehten wir uns um. Ohne Zweifel, das waren Tizianas
Schuhe. Schnell liefen wir zur Tür und klopften, doch niemand öffnete. Als wir gerade schon wieder gehen wollten, kam unsere italienische Freundin dann doch noch. Sie hatte im Fluss hinterm Haus
gebadet und war total happy als sie uns sah. Zusammen machten wir vor Tizianas Herberge Pause, bevor wir mit Thomas den letzten Teil vor Oppdal begonnen. Wir verabschiedeten uns mit der
Sicherheit auf ein baldiges Wiedersehen und umarmten uns herzlich zum Abschied.
Dann ging es zurück auf den Weg. Den Weg, der uns schon so lange begleitet hatte. Wir liefen lange über weite Felder und schöne Wälder, bis wir die ersten Blicke auf die kleine Stadt Oppdal
erhaschen konnten. Die Landschaft war überwältigend und das Panoramafenster hatte nicht zu viel versprochen. Es war die reinste Wonne die vielen Blumen am Wegesrand zu betrachten und die
überreifen Wilderdbeeren zu kosten.
Nach einigen Stunden und vielen Kilometern durch schönste Natur erreichten wir Oppdal. Endlich. Das war erreicht und nachdem wir eingekauft hatten, betraten wir die kleine Pilgerhütte, die alles
hatte, was man sich nur wünschen konnte. Bad, Küche, Fernseher, Wlan, alles dabei.
Im Supermarkt kauften wir später auch noch Knabberzeug und Norwegische Schokolade mit der wir einen richtig tollen Abend verbrachten. Beim Schreiben fällt mir übrigens immer wieder auf, dass
jeder Abend richtig toll war und ich glaube dem war auch so.
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