Jetzt ist schon eine Woche vergangen seit unserer Ankunft in Oslo am 17. Juli und wir haben so viel erlebt, dass es gar nicht alles in nur eine Woche passen kann, denn was ist alles
passiert?
Das meiste wisst ihr ja schon und ich wäre auch sofort bereit euch alles zu erzählen, was ihr noch nicht wisst. Doch ihr würdet wahrscheinlich schon ab Seite Hundert des Buches, das dafür
geschrieben werden müsste, keine Lust mehr haben zu lesen, sondern würdet sofort zu uns nach Norwegen kommen, denn diesem Land kann man wirklich nicht widerstehen. Aber da ich euch nicht zum
Umziehen bewegen möchte und auch selber bald schlafen will, möchte ich mich kurz fassen und nur das Wichtigste berichten.
So kann zu Beginn schon einmal gesagt werden, dass wir auf drei wirklich schöne Pilgerherbergen gestoßen sind, von denen die erste sogar so schön war, dass wir fast gar nicht mehr weg wollten.
Wir fanden sie am Mittwoch, kurz nach einer einstündigen Mittagspause, und beschlossen gleich noch eine zu machen, die dann allerdings sogar zwei Stunden dauerte, denn zu schön war die Lage und
die Einrichtung des kleinen Pilgerhäuschens, dass dem Wanderer sogar einen schönen Wintergarten bot.
Tatsächlich gab es auch einen gefüllten Gemüsegarten, in dem man sich selbst das Abendessen ernten konnte. Leider mussten wir aber weiter, denn es war noch zu früh, um einen Schlafplatz zu suchen
und so liefen wir noch einige Kilometer weiter bis wir zum stillen Bergsee Fløyta kamen. Doch wir fanden den Namen Fløyta etwas unpassend, gleichwohl wir seine Bedeutung nicht ergründen konnten,
weshalb wir einen Neuen fanden. Wo die Weyers ihn Silbersee genannt haben, haben wir ihn auf den Namen Eisen-See getauft, denn er war von dem unglaublich großen Eisenvorkommen in der Region
Blutrot gefärbt. Das merkten wir, als wir in ihm baden gingen, denn das Wetter war echt gut. Den ganzen Tag hatte die Sonne geschienen und ich musste schon zum zweiten Mal die Sonnencreme
auspacken.
Einige Bilder der Pilgerherbergen:
Am Abend des Mittwoches übernachteten wir in einer unbewirtschafteten Pilgerherberge, die den Namen Lysiøhimet trug und in der es leider keinen Strom gab. Dafür einen Kamin, in dem das Holz so
gut brannte, dass es in dem kleinen, leider etwas dreckigen Haus, bullig warm wurde. Über diesem Feuer kochten wir uns dann auch unser Abendessen, zwei Tütensuppen. Das einzig nicht so schöne an
dem eben beschriebenen Schlafplatz war, dass das Trinkwasser von einem gefühlt Kilometer weit entfernten Bach geholt und danach auch noch mit Chlortabletten aufgebessert werden musste. Aber das
ist einem nach einer acht stündigen Wanderung wirklich egal.
Am nächsten Morgen wachte ich auf und das erste was ich sah, war der nach seinem Pfadfinderhut suchende Felix. Nach einiger Zeit suchten Felicia und ich dann auch mit, doch der Hut schien wie vom
Erdboden verschluckt. Schließlich begann Felix mit der Idee zu spielen, noch einmal zum Eisen-See zurück zu rennen, denn er war sich sicher, den Hut dort das letzte Mal gesehen zu haben.
Tatsächlich tat er dies dann auch und Felicia und ich blieben in der Herberge zurück.
Die Zeit vertrieben wir uns anfangs mit dem Schreiben von Gedichten und dem Singen von skandinavischen Liedern. Hier übrigens eins dieser Gedichte:
Wandern im Norden
Felder und Wälder ziehen vorbei
Bäume rauschen seicht im Wind
Brücken und Wege quern wir geschwind
Seicht schwimmt das Boot vorm hölzernen Kai.
Still liegt da der Eisen-See
wirkt kalt und stählern im blutroten Ton.
Hoch am Himmel steht schillernd weiß schon,
der Mond gleichwie eine zaubernde Fee.
Über Felder in die Wälder ziehen wir ins fremde Land.
~ Konrad und Felicia
Während wir so da saßen und Vers um Vers schmiedeten, erklang plötzlich eine Glocke. Und ehe wir uns versehen konnten, kam plötzlich eine Schafherde aus dem umliegenden Wald auf den Wiesenweg vor
unserer Herberge gestürmt, die auch alsbald laut mähend auf uns zu eilte. Erst erschraken wir etwas, doch dann liefen wir ihnen entgegen, um sie vielleicht einmal zu streicheln oder gar ein
Selfie mit ihnen zu machen. Doch noch bevor wir uns ihnen auf einen Meter nähern konnten wurden sie misstrauisch und verschwanden schnell wieder im Wald.
Felix kam nach einer Stunde nass geschwitzt zurück, hatte den Hut aber nicht gefunden, weshalb wir ohne ihn weiter ziehen mussten, so schwer es auch fiel. Er ist übrigens immer noch spurlos
verschwunden. Dann fingen wir wieder an zu laufen und hörten schon nach drei Stunden der Pilgerei wieder auf. Warum? Das will ich euch ein andermal erzählen.
Zum Abschluss noch ein Text den Felicia im Laufe des Abends geschrieben hat und der unsere Situation wirklich schön beschreibt.
Bis dann,
Konrad mit vielen Grüßen auch von Felix und Felicia.
Die Fülle des Nordens
Süße Walderdbeeren.
Eine köstlicher als die andere übertrumpfen die Bilderbuch-reifen Blaubeerfelder, die sich durch die felsenreichen düsteren, aber dennoch freundlichen und fabelhaften Wälder ziehen.
Tannengrün, weiches Moos.
Die Tannenzapfen hängen, schaukeln leicht im Wind. Das Feuer knistert.
Die Tiere huschen geschwind.
Luchs und Eichhörnchen, Wolf und Schaf, Bär und Barsch. Auch der Buntspecht lässt mal von sich hören.
Fern ab der Zivilisation, der lauten Straßen und verschmutzten Städte. Ganz frei in der Natur und umgeben von guter Luft und schöner Landschaft.
Wovon doch so mancher nicht mal zu träumen wagt.
~ Felicia Bahr
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