Ihr wollt sicher wissen, wo wir die letzten Nächte geschlafen haben und wovon wir uns ernährt haben. Nun, zum zweiten Punkt kann ich schon einmal sagen, dass es hauptsächlich Kekse und
Tütensuppen waren, die uns über die letzten vier Tage am Leben gehalten haben. Zum 1. Punkt allerdings gibt es noch etwas mehr zu erzählen.
Von Samstag auf Sonntag haben wir unser Lager auf der Spitze eines Hohen Felsens, kurz hinter Stovner aufgestellt, der von einem tiefen schwarzen Wald bedeckt war. Das Beste an diesem Lagerplatz
war jedoch keinesfalls die Feuerstelle, die es gab, sondern die Tatsache, dass er ringsherum von vollen Blaubeerbüschen umgeben war. Und damit meine ich nicht nur so ein paar kleine Sträucher,
sondern ein ganzes Meer an Büschen. So kam es, dass das Abendbrot an jenem Samstag vor allem aus Blaubeeren bestand und dem Bacon.
Ja, ihr habt richtig gehört, einem Bacon. Felix hatte nämlich beim Auspacken seines Rucksackes einen fetten Schinken gefunden, der auch sogleich überm Feuer gebraten und anschließend gegessen wurde. Das Frühstück sah übrigens nicht viel anders aus.Am nächsten Tag schliefen wir, nach einem 9-Stunden Marsch in der Pilgerherberge Vestre Arteid, die vor allem durch ihre traditionelle und freundliche Stimmung beeindruckte. Außerdem gab es neben einem Herd auch eine Dusche und eine Fußmassage-Maschine, die natürlich das absolute Highlight war. Wir verbrachten einen schönen Abend und schliefen besser als je zuvor.
Am Montag wachten wir erst um 11 Uhr auf und liefen dann bis 20 Uhr durch, denn es fing an zu regnen und so sehr wir auch suchten, wir fanden einfach keinen Schlafplatz. Wir fanden dann aber doch
noch eine Unterkunft. Was das aber für eine war, dass möchte ich euch genauer erläutern.
Engel kommen ganz unerwartet:
Wir waren seit 11 Uhr nur noch auf den Beinen, sind neun Stunden und 30 Minuten gelaufen und konnten einfach nicht mehr. Die Rucksäcke verwandelten sich nach und nach in graue Felsen, die uns mit
ihrem unstemmbaren Gewicht in die Knie zwangen und die Wanderschuhe wurden zu stählernen Fußfesseln. Felicia hinkte schon lange zurück und ich klagte über Rückenschmerzen und Schulterprobleme. So
liefen wir durch den Regen und schwitzten uns unter den Regenjacken und Capes den Körper nass.
Urplötzlich hörte es jedoch auf zu regnen und der Himmel riss auf. Am Horizont erschienen zwei Regenbögen (noch nie hatte ich zwei Regenbögen auf einmal gesehen) und wir überquerten staunend eine
Straßenbiegung, hinter der sich ein weißes Holzhaus befand.
Aus dem Instinkt heraus ging ich auf es zu und klingelte an einer alten Glastür. Nach einer Weile öffnete eine alte Frau mit schiefen Zähnen, grauen Haaren und vielen Warzen. Ich erschrak,
gleichwohl glaubte ich doch eine Hexe zu sehen, doch die Alte lachte nicht hämisch, sondern lächelte mich freundlich an. Als ich auf Englisch stotternd nach einem Schlafplatz in ihrem Garten
fragte, hörte sie mir nicht lange zu, sondern rief eine junge Frau zu sich, die, ganz in schwarz gekleidet, wohl mit ihr zusammen lebte.
Die Frau konnte Englisch und übersetzt der Alten auch ohne zu zögern meine Bitte. Diese begegnete mir aber gar nicht abweisend, sondern willigte ohne zu zögern ein und fing gleich an mir zu
Zeigen, wo wir unser Zelt aufstellen könnten. Schnell holte ich Felicia und Felix und wir begannen dankbar unser Lager zu beziehen. Die alte Frau holte uns noch Wasser zum Trinken und verwöhnte
uns mit frischen Erdbeeren und Pfirsichen.
Wir schliefen gut und lange und am nächsten Morgen brachte uns die alte Frau sogar noch frisches Wasser ans Zelt. Schließlich kam dann doch der Abschied und wir mussten uns von der netten Gastgeberin verabschieden was wirklich nicht leicht fiel. Mit Sack und Pack verließen wir das Grundstück der „Katzenoma” und können nun mit Bestimmtheit sagen, dass wir einen Engel getroffen haben und, dass Engel gar nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen sind.
Am Dienstag sind wir nicht so viel gelaufen, denn wir fanden schon früh ein echt gutes Nachtlager an einem klaren Fluss vor Eidsvoll. Hier schlugen wir im Regen unser Zelt auf und kochten
Gulaschsuppe, die besser schmeckte als gedacht. Später hörte der Nieselregen, mit dem wir den ganzen Tag gelaufen sind, auf und der Himmel klarte auf. So kam es, dass wir doch noch ein Feuer
hinbekamen und unsere Sachen trocknen konnten. Felix fing dann noch an zu Angeln und fing tatsächlich zwei Fische. Einen Flussbarsch und einen 50cm langen Hecht, der fürs Abendbrot sogar noch zu
viel war.
Das Beste war jedoch, dass Felix eben diesen Hecht zweimal gefangen hatte. Beim ersten Mal riss der Hecht die Angelschnur ab und verschwand mitsamt des Hakens in den Tiefen des Flusses. Beim
zweiten Versuch zog er den Hecht mit einem Ersatzhaken an Land und zog wenig später etwas verblüfft den ersten Haken aus dem großen Maul des Fisches. So kam es, dass wir doch keinen Haken
verloren und noch einmal richtig gut aßen.
Ich bin schon gespannt, was Morgen passiert und soll euch allen auch noch mal schöne Grüße von Felicia und Felix ausrichten.
Bis dahin,
Konrad
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Alexander Teibrich (Freitag, 24 Juli 2015 07:51)
Wahnsinn! Vielen Dank für die tollen Reiseberichte und euch noch ganz viel Spaß!
SannFredstun (Dienstag, 28 Juli 2015 21:48)
Hei ihr Lieben :) es ist wirklich eine Wonne eure Reiseberichte zu lesen :D baba lille lamm, ha du noe ull... :)
Herzliche Grüsse von
Sandra und Manfred (Tag 6)